15.06.2010 Arbeitsrecht

VwGH: Abgrenzung einer Versetzung von allfälligen anderen Maßnahmen - zur Zuständigkeit der Berufungskommission nach § 41a Abs 6 BDG

Für die Qualifikation einer konkreten Personalmaßnahme als Dienstzuteilung oder Versetzung kommt es nicht darauf an, wie sie sich selbst "deklariert", sondern auf ihren tatsächlichen rechtlichen Gehalt; der Berufungskommission beim Bundeskanzleramt kommt auf Grund ihrer Stellung als Rechtsmittelbehörde auch die Stellung als sachlich in Betracht kommende Oberbehörde iSd § 73 Abs 2 AVG zu, die im Devolutionsweg angerufen werden kann


Schlagworte: Beamtendienstrecht, Versetzung, Dienstzuteilung, Berufungskommission, Zuständigkeit, Devolutionsantrag
Gesetze:

§ 41a BDG, § 38 BDG, § 40 BDG, § 73 AVG

GZ 2009/12/0140, 12.05.2010

VwGH: Nach Art 133 Z 4 B-VG sind von der Zuständigkeit des VwGH die Angelegenheiten ausgeschlossen, über die in oberster Instanz die Entscheidung einer Kollegialbehörde zusteht, wenn nach dem die Einrichtung dieser Behörde regelnden Bundes- oder Landesgesetz sich unter den Mitgliedern wenigstens ein Richter befindet, auch die übrigen Mitglieder in Ausübung dieses Amtes an keine Weisungen gebunden sind, die Bescheide der Behörde nicht der Aufhebung oder Abänderung im Verwaltungsweg unterliegen und nicht ungeachtet des Zutreffens dieser Bedingungen, die Anrufung des VwGH ausdrücklich für zulässig erklärt ist. Die nach § 41a BDG eingerichtete Berufungskommission beim Bundeskanzleramt ist eine solche Kollegialbehörde; die Anrufung des VwGH gegen Bescheide dieser Behörde ist gem § 41a Abs 5 zweiter Satz BDG ausgeschlossen.

Nach der Verfassungsbestimmung des § 41a Abs 6 BDG entscheidet die beim Bundeskanzleramt eingerichtete Berufungskommission "über Berufungen gegen in erster Instanz ergangene Bescheide" in Angelegenheiten ua der §§ 38 und 40 BDG. Die stRsp des VwGH legt den Begriff "Angelegenheiten" in § 41a Abs 6 BDG weit aus; danach zählt dazu auch die Entscheidung über die Frage, ob eine bestimmte Maßnahme eine mit Bescheid zu verfügende Versetzung oder aber eine Dienstzuteilung ist. Nichts anderes gilt für die hier maßgebliche Frage der Abgrenzung einer - auf Basis der Behauptungen des Bf im Verwaltungsverfahren vorliegenden - Versetzung von allfälligen anderen Maßnahmen; und zwar unabhängig davon, ob die Behauptung des Beamten, es liege materiell eine Versetzung vor, zutrifft oder nicht.

Für die Qualifikation einer konkreten Personalmaßnahme als Dienstzuteilung oder Versetzung kommt es nicht darauf an, wie sie sich selbst "deklariert", sondern auf ihren tatsächlichen rechtlichen Gehalt. Ob eine Versetzung vorliegt, die nur unter den Voraussetzungen des § 38 BDG (durch Bescheid) verfügt werden darf, richtet sich somit nicht danach, ob sie sich selbst als solche "deklariert", sondern ob dadurch ihrem normativen Gehalt entsprechend eine dauernde Zuweisung zu einer anderen Dienststelle erfolgt.

Nach der Rsp des VwGH und der damit übereinstimmenden Spruchpraxis der Berufungskommission beim Bundeskanzleramt kommt dieser Kommission auf Grund ihrer Stellung als Rechtsmittelbehörde auch die Stellung als sachlich in Betracht kommende Oberbehörde iSd § 73 Abs 2 AVG zu (vgl auch § 41f Abs 1 Z 1 BDG), die im Devolutionsweg angerufen werden kann. Über den Devolutionsantrag des Bf hätte daher insoweit richtigerweise nicht die belangte Behörde, sondern die Berufungskommission beim Bundeskanzleramt zu entscheiden gehabt, an welche eine Weiterleitung nach § 6 AVG vorzunehmen gewesen wäre.

Nach stRsp beider Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts stellt eine im Devolutionsweg ergangene Entscheidung nicht eine Rechtsmittelentscheidung, sondern eine erstinstanzliche Entscheidung dar. Da es sich bei dem angefochtenen Bescheidpunkt somit um eine in erster Instanz ergangene Entscheidung der belangten Behörde handelt, die eine Angelegenheit iSd § 41a Abs 6 BDG betrifft, liegen sämtliche Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Berufung dagegen an die Berufungskommission vor, sodass die vorliegende Angelegenheit insofern - ungeachtet der unzutreffenden Rechtsmittelbelehrung - nach § 41a Abs 5 BDG von der Zuständigkeit des VwGH ausgeschlossen ist.