05.04.2010 Arbeitsrecht

VwGH: Pflichtverletzung eines Soldaten - zur Einleitung des Verfahrens nach § 60 HDG

Liegt ein aus konkreten Tatsachen abgeleiteter bestimmter Verdacht vor, so reicht es im Stadium der Einleitung eines Disziplinarverfahrens aus, das betreffende Verhalten nur in seinen wesentlichen Grundzügen vorzuhalten; auf eine zutreffende rechtliche Subsumtion kommt es zu diesem Zeitpunkt (noch) nicht an; die angelastete Tat muss nur solcherart gekennzeichnet sein, dass für den Beschuldigten keine Unklarheit darüber möglich ist, welches ihm zur Last gelegte Verhalten auf der Grundlage des Einleitungsbeschlusses als Prozessgegenstand im anschließenden Disziplinarverfahren behandelt werden darf; solcherart muss sich daher der Tatvorwurf von anderen gleichartigen Handlungen oder Unterlassungen, die dem Disziplinarbeschuldigten angelastet werden können, genügend unterscheiden lassen


Schlagworte: Heeresdisziplinarrecht, Soldat, Pflichtverletzung, Einleitung des Verfahrens, Kommandantenverfahren
Gesetze:

§ 60 HDG

GZ 2009/09/0212, 10.12.2009

VwGH: Wenn der Bf behauptet, zwischen den in der Disziplinaranzeige bzw im Kommandantenverfahren und (letztlich) im nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde enthaltenen Vorwürfen liege keine Identität vor, ist er darauf zu verweisen, dass angesichts der Angabe der jeweiligen Tatzeiten und der Beschreibung der ihm vorgeworfenen Handlungsweisen auch für ihn keine Zweifel daran bestehen konnten, welche Dienstpflichtverletzungen ihm konkret zum Vorwurf gemacht worden waren. Soweit die Beschwerde vorbringt, dass der Tatvorwurf im angefochtenen Bescheid über die Einleitungsmitteilung vom 30. August 2006 hinausgehe, ist zu entgegnen, dass im vorliegenden Beschwerdefall das Disziplinarverfahren mit einem Kommandantenverfahren, welches in formloser Wiese einzuleiten ist, begonnen wurde. Der (damalige) Vorwurf der unerlaubten und nicht entschuldigten Abwesenheit lässt aus den gegebenen Umständen mit ausreichender Klarheit erkennen, dass damit auch die Missachtung der dem Bf ausdrücklich erteilten Weisung vom 3. Juni 2005 gemeint war.

Die - gem § 60 Abs 1 HDG 2002 im Kommandantenverfahren formlose - Einleitung bildet für dessen weiteren Gang eine Prozessvoraussetzung und dient insoferne dem Schutz des Beschuldigten, als dieser dadurch in Kenntnis gesetzt wird, nach welcher Richtung er sich vergangen und inwiefern er pflichtwidrig gehandelt haben soll; liegt ein aus konkreten Tatsachen abgeleiteter bestimmter Verdacht aber vor, so reicht es im Stadium der Einleitung eines Disziplinarverfahrens aus, das betreffende Verhalten nur in seinen wesentlichen Grundzügen vorzuhalten; auch auf eine zutreffende rechtliche Subsumtion kommt es zu diesem Zeitpunkt (noch) nicht an. Im Stadium der Einleitung eines Disziplinarverfahrens muss die angelastete Tat nur solcherart gekennzeichnet sein, dass für den Beschuldigten keine Unklarheit darüber möglich ist, welches ihm zur Last gelegte Verhalten auf der Grundlage des Einleitungsbeschlusses als Prozessgegenstand im anschließenden Disziplinarverfahren behandelt werden darf. Solcherart muss sich daher der Tatvorwurf von anderen gleichartigen Handlungen oder Unterlassungen, die dem Disziplinarbeschuldigten angelastet werden können, genügend unterscheiden lassen.

Dass die Einleitungsmitteilungen dieser Umgrenzungsfunktion nicht genügt hätten, insbesondere, dass es mehrere vergleich- bzw verwechselbare Fehlhandlungen des Bf gegeben hätte, hat er nie behauptet. Haben aber die Disziplinarbehörden in der Folge entsprechend ihren Erhebungsergebnissen eine Konkretisierung der im Einleitungsbeschluss lediglich in den Grundzügen umgrenzten Vorwürfe sowie eine ihrer Ansicht nach zutreffendere rechtliche Subsumtion vorgenommen, liegt keine (für die mit der Einleitung des Disziplinarverfahrens verbundene Verjährungsunterbrechung relevante) Änderung des Gegenstandes des Disziplinarverfahrens vor. Insbesondere kann sich der Bf dadurch nicht in seinen subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt erachten, dass die belangte Behörde im Gegensatz zur Begründung zur Einleitung des Kommandantenverfahrens hinsichtlich der gegenständlichen Abwesenheiten - mit Ausnahme derjenigen am 28. August 2006 - von einer verspäteten Vorlage der Krankenbestätigungen ausging und dies als Verstoß gegen § 44 Abs 1 BDG wertete.