21.03.2010 Arbeitsrecht

VwGH: Übertretung arbeitnehmerschutzrechtlicher Vorschriften - Überlassung iSd § 9 ASchG und § 1 AÜG

§ 9 Abs 1 ASchG erfasst neben der Überlassung von Arbeitskräften nach dem AÜG auch die vom Geltungsbereich des AÜG ausgenommene Überlassung von Arbeitskräften; § 9 ASchG enthält nämlich keine der Bestimmung des § 1 Abs 2 AÜG vergleichbare Ausnahmeregelung


Schlagworte: Arbeitnehmerschutzrecht, Überlassung
Gesetze:

§ 9 ASchG, § 1 AÜG

GZ 2009/02/0302, 26.02.2010

Die Bf bringen vor, für die Beurteilung, inwiefern eine Überlassung von Arbeitskräften vorliege, sei hilfsweise das AÜG heranzuziehen. Vom AÜG sei die Überlassung von Arbeitskräften innerhalb einer Arbeitsgemeinschaft oder bei der betrieblichen Zusammenarbeit zur Erfüllung gemeinsam übernommener Aufträge nicht umfasst (vgl § 1 Abs 2 Z 4 lit a AÜG). Eine extensive Auslegung des § 1 AÜG sowie des § 9 Abs 1 ASchG iSe Ausweitung der Strafbarkeit verbiete der Grundsatz "nulla poena sine lege." Ganz in diesem Sinne scheine die belangte Behörde vorzugehen, wenn sie ausführe, dass eine Überlassung von Arbeitskräften über das AÜG hinausgehend auch im Falle von Arbeitsgemeinschaften anzunehmen sei. Der Typus "Akquisition und Verrichtung von Arbeiten im Rahmen einer Wirtschaftsgenossenschaft" sei weder vom AÜG, noch vom ASchG erfasst.

VwGH: Nach § 9 Abs 1 ASchG liegt eine Überlassung iS dieses Bundesgesetzes vor, wenn Arbeitnehmer Dritten zur Verfügung gestellt werden, um für sie und unter deren Kontrolle zu arbeiten. Überlasser ist, wer als Arbeitgeber Arbeitnehmer zur Arbeitsleistung an Dritte verpflichtet. Beschäftiger ist, wer diese Arbeitnehmer zur Arbeitsleistung einsetzt. Gem § 9 Abs 2 ASchG gelten für die Dauer der Überlassung die Beschäftiger als Arbeitgeber iS dieses Bundesgesetzes.

In der Erläuterungen zu § 9 ASchG wird ua darauf hingewiesen, dass diese Bestimmung der Richtlinie 91/383 des Rates vom 25. Juni 1991 zur Ergänzung der Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes von Arbeitnehmern mit befristetem Arbeitsverhältnis oder Leiharbeitsverhältnis entspricht. Weiters heißt es dort:"Die Definition der Überlassung in Abs 1 erfasst nach dem AÜG auch die vom Geltungsbereich des AÜG ausgenommene Überlassung von Arbeitskräften, zB iZm der Inbetriebnahme von Anlagen, innerhalb einer Arbeitsgemeinschaft oder innerhalb eines Konzerns, weil die angeführte Richtlinie auch für eine solche Überlassung gilt und außerdem auf dem Gebiet der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes kein unterschiedliches Schutzbedürfnis für eine Überlassung außerhalb des Geltungsbereiches des AÜG besteht. Der vorliegende Entwurf gilt nur für die Überlassung von Arbeitnehmern, nicht hingegen für die Überlassung von arbeitnehmerähnlichen Personen."

Nach den Erläuterungen erfasst § 9 Abs 1 ASchG neben der Überlassung von Arbeitskräften nach dem AÜG auch die vom Geltungsbereich des AÜG ausgenommene Überlassung von Arbeitskräften. § 9 ASchG enthält nämlich keine der Bestimmung des § 1 Abs 2 AÜG vergleichbare Ausnahmeregelung. Es kann daher keine Rede davon sein, dass durch die belangte Behörde eine unzulässige Ausweitung der Strafbarkeit entgegen dem Grundsatz "nulla poena sine lege" erfolgt wäre.

Definitionsgemäß liegt nach § 9 Abs 1 erster Satz ASchG eine Überlassung iS dieses Bundesgesetzes vor, wenn Arbeitnehmer Dritten zur Verfügung gestellt werden, um für sie und unter deren Kontrolle zu arbeiten.