VwGH: Zum Begriff Dienstort im Zivildienstrecht
Unter "Dienstort" ist die Ortsgemeinde zu verstehen, in der die Dienststelle liegt, von welcher aus der Zivildienstleistende seinen Dienst verrichtet
§ 27 ZDG, § 31 ZDG, § 4 Verpflegungsverordnung, §§ 1, 2 Zivildienstgesetz-Übergangsrecht 2006
GZ 2007/11/0126, 17.11.2009
Der Bf bringt vor, der Rechtsträger der Einrichtung habe ihm nicht das angemessene Verpflegungsgeld bezahlt.
Nach § 4 Abs 2 Z 1 der Verpflegungsverordnung könne der Rechtsträger vom Grundbetrag 15 vH in Abzug bringen, wenn der Zivildienstleistende seinen Dienst an einem gleich bleibenden Dienstort verrichte. Der Begriff Dienstort finde sich in zwei Bestimmungen des ZDG, nämlich in § 27 Abs 1 Z 1 und § 31 Abs 1 Z 6 ZDG. Dort werde der Begriff Dienstort in einem "geografisch-territorialen Sinn", nämlich als Gemeinde, in der sich die Einrichtung befindet, der der Zivildienstleistende zugeteilt worden sei, verstanden. Das Zivildienstgesetz-Übergangsrecht 2006 iVm der Verpflegungsverordnung gehe jedoch von einem abweichenden Begriffsverständnis des Dienstortes aus. Im Zivildienstgesetz-Übergangsrecht 2006 und der Verpflegungsverordnung werde nämlich darunter, unter Berücksichtigung des Zweckes der Regelung, den Zivildienstleistenden zu Preisvergleichen zwischen den einzelnen Handels- und Gastgewerbebetrieben zu zwingen, der Standort der Einrichtung verstanden. Dem Tatbestandselement "Dienst verrichten" wohne hingegen dynamischer Charakter inne. Darunter seien die von Zivildiensteinrichtung zu Zivildiensteinrichtung unterschiedlichen, von den Zivildienstleistenden zu erbringenden Tätigkeiten zu verstehen.
VwGH: Der Begriff "Dienstort" wird weder in den Bestimmungen des ZDG noch in jenen der Verpflegungsverordnung definiert. Nicht nur in der Verpflegungsverordnung, sondern auch in den Bestimmungen des § 27 Abs 1 Z 1 ZDG und § 31 Abs 1 Z 6 leg cit findet der Begriff "Dienstort" jedoch Verwendung. Nach der ersterwähnten Bestimmung des ZDG hat der Rechtsträger für die Unterbringung des Zivildienstleistenden zu sorgen, wenn für dessen tägliche Fahrten die fahrplanmäßige Fahrzeit eines Massenbeförderungsmittels, für die Strecke von dem seiner Wohnung nächstgelegenen für die Fahrt in Betracht kommenden Bahnhof "zum Dienstort" und zurück zusammen mehr als zwei Stunden beträgt. In der zweitgenannten Norm findet sich die Regelung, dass dem Zivildienstpflichtigen die notwendigen Fahrtkosten für die täglichen Fahrten zwischen der "Unterkunft (Wohnung) im Dienstort" und der "Einrichtung (Dienstverrichtungsstelle)" zu ersetzen sind. Schon allein im Hinblick auf die Verwendung der Begriffe "Bahnhof" sowie "Massenbeförderungsmittel", va aber wegen der im § 31 Abs 1 Z 6 ZDG erfolgten Trennung der Begriffe "Dienstort" und "Einrichtung" wird klar, dass der Begriff "Dienstort" in einem geografischen Sinn zu verstehen ist. Ferner ist zu berücksichtigen, dass sich die hier in Rede stehenden Regelungen hinsichtlich der Ansprüche der Zivildienstleistenden an den Begriffen der Reisegebührenvorschrift (RGV) orientieren, wie etwa § 27 Abs 1 Z 1 ZDG zeigt, der im Wesentlichen mit § 22 Abs 3 RGV vergleichbar ist. Darüber hinaus legt der Gesetzgeber in § 31 Abs 2 ZDG fest, dass § 6 RGV sinngemäß anzuwenden sei.
Nach § 6 Abs 1 RGV ist Massenbeförderungsmittel iS dieser Verordnung jedes Beförderungsmittel, das der Vermittlung des Verkehrs zwischen bestimmten Orten (Ortsteilen) dient und dessen Inanspruchnahme mehreren Personen gleichzeitig, jedoch unabhängig voneinander gegen Entrichtung eines allgemein festgesetzten Fahrpreises offen steht.
Der genannte Verweis auf Bestimmungen der RGV legt es nahe, auch das Verständnis des Begriffes "Dienstort", wie er in der RGV verwendet wird, auf den vorliegenden Fall zu übertragen. Nach § 2 Abs 5 RGV wird der Dienstort als Ortsgemeinde, in welcher die Dienststelle liegt, der der Beamte dauernd zur Dienstleistung zugewiesen ist, definiert. Der systematische Zusammenhang der erwähnten Bestimmungen des ZDG, der Verweis auf die RGV und der Umstand, dass die Verpflegungsverordnung auf der Grundlage des ZDG (§ 28) zur Vorsorge für die angemessene Verpflegung von Zivildienstleistenden erlassen wurde, bringen es mit sich, dass dem Begriff "Dienstort" in der Verpflegungsverordnung keine andere Bedeutung beizumessen ist als im ZDG. Allen erwähnten Normen ist gemeinsam, dass Ansprüche in Ansehung der Lebenshaltung des Zivildienstleistenden gesichert werden sollen: in den §§ 27 und 31 ZDG die Unterbringung und der Fahrtkostenersatz und in § 28 ZDG iVm der Verpflegungsverordnung die Verpflegung des Zivildienstleistenden. Schon aus systematischen Erwägungen folgt, dass auch in § 4 der Verpflegungsverordnung unter "Dienstort" die Ortsgemeinde zu verstehen ist, in der die Dienststelle liegt, von welcher aus der Zivildienstleistende seinen Dienst verrichtet.
Es ist keineswegs Ziel des § 4 Abs 2 Z 1 der Verpflegungsverordnung, die Zivildienstleistenden zu Preisvergleichen zu bewegen, sondern es sollen die Verpflegung betreffende Erschwernisse, die typischerweise aus wechselnden Dienstorten resultieren, ausgeglichen werden. Wenn dagegen der Zivildienstleistende seinen Dienst immer in derselben ("gleich bleibenden") Gemeinde verrichtet und damit die Organisation seiner Verpflegung kostengünstiger gestalten kann, ist der Abzug von 15 vH gem § 4 Abs 2 Z 1 der Verpflegungsverordnung rechtmäßig.