VwGH: Wirksame Bestellung eines Verantwortlichen gem § 9 Abs 2 VStG bei Übermittlung der Bestellungsurkunde an unzuständiges Arbeitsinspektorat?
Derjenige, der sich mit seinem Anbringen an eine unzuständige Behörde wendet, hat die damit verbundenen rechtlichen Nachteile unter allen Umständen zu tragen; § 9 VStG und § 23 ArbIG normieren keine Verpflichtung der Arbeitsinspektorate, einem Arbeitgeber schriftlich mitzuteilen, dass eine Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten unwirksam sei
§ 9 Abs 2 VStG, ASchG, § 23 ArbIG, § 15 ArbIG, § 6 AVG
GZ 2008/02/0168, 11.09.2009
Der Bf - er wurde als handelsrechtlichen Geschäftsführer der K GmbH gem § 87 Abs 3 BauV iVm § 130 Abs 5 Z 1 ASchG mit EUR 2.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe zwei Tage) bestraft - vertritt die Ansicht, das unzuständige Arbeitsinspektorat hätte gem § 6 AVG die Bestellungsurkunde an das zuständige Arbeitsinspektorat weiterleiten oder ihn von der Unwirksamkeit der Bestellung verständigen müssen. Das Unterlassen dieser Maßnahmen befreie ihn auch von schuldhaftem Verhalten, weil er von der Unwirksamkeit der Bestellung nichts gewusst habe.
VwGH: Gem § 23 Abs 1 ArbIG wird die Bestellung von verantwortlichen Beauftragten gem § 9 Abs 2 und 3 VStG für die Einhaltung von Arbeitnehmerschutzvorschriften und für die Einhaltung dieses Bundesgesetzes erst rechtswirksam, nachdem beim zuständigen Arbeitsinspektorat eine schriftliche Mitteilung über die Bestellung samt einem Nachweis der Zustimmung des/der Bestellten eingelangt ist.
Der Bf übersieht, dass derjenige, der sich mit seinem Anbringen an eine unzuständige Behörde wendet, wozu im Beschwerdefall jedenfalls auch die AUVA und die Wr Gebietskrankenkasse zählen, die damit verbundenen rechtlichen Nachteile unter allen Umständen zu tragen hat, wenn auch der unzuständigen Behörde die Pflicht gem § 6 AVG zur Weiterleitung des Anbringens bzw Weiterverweisung an die zuständige Stelle auferlegt ist und zudem § 9 VStG und § 23 ArbIG keine Verpflichtung der Arbeitsinspektorate normieren, einem Arbeitgeber schriftlich mitzuteilen, dass eine Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten unwirksam sei.
Geht man demnach mangels wirksamer Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten gem § 9 Abs 2 VStG von der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit des Bf für die vorliegende Baustelle aus, kann er in subjektiver Hinsicht nicht deshalb straffrei werden, weil er im Glauben gewesen sei, die Bestellung seines Mitarbeiters zum verantwortlichen Beauftragten sei wirksam erfolgt. Als Geschäftsführer einer GmbH mit dem Unternehmensgegenstand Bau ist er verpflichtet, sich mit den einschlägigen Vorschriften vertraut zu machen.