VwGH: Suspendierung
Allgemeine Ausführungen
§ 112 BDG
GZ 2005/09/0076, 22.11.2007
VwGH: Die Suspendierung im Disziplinarrecht der Beamten ist ihrem Wesen nach eine sichernde Maßnahme, die bei Zutreffen der gesetzlichen Voraussetzungen im Verdachtsbereich zwingend zu treffen ist. Es braucht dabei nicht nachgewiesen zu werden, dass der Beamte die ihm zur Last gelegte Dienstpflichtverletzung tatsächlich begangen hat. Diese Aufgabe kommt vielmehr erst den Disziplinarbehörden im Disziplinarverfahren zu. Es genügt demnach, wenn gegen den Beschuldigten (objektiv) ein Verdacht besteht. Dies ist dann der Fall, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte auf das Vorliegen einer Dienstpflichtverletzung hindeuten. Ein Verdacht kann immer nur auf Grund einer Schlussfolgerung aus Tatsachen entstehen. Die sachliche Rechtfertigung zur Verfügung der Suspendierung liegt allein in dem Bedürfnis, noch vor der Klärung der Frage des Vorliegens einer Dienstpflichtverletzung in der abschließenden Entscheidung über die angemessene Disziplinarstrafe des Beamten eine den Verwaltungsaufgaben und dem Dienstbetrieb dienende, vorübergehende Sicherungsmaßnahme zu treffen. Die Suspendierung eines Beamten gehört demnach in die Reihe jener vorläufigen Maßnahmen, die in zahlreichen Verfahrensgesetzen vorgesehen sind, um einen Zustand vorübergehend zu ordnen, der endgültig erst auf Grund des in der Regel einen längeren Zeitraum beanspruchenden förmlichen Verfahrens geregelt wird, um dadurch Nachteile und Gefahren - insbesondere für das allgemeine Wohl - abzuwehren und zu verhindern.
Im Hinblick auf diese Funktion der Suspendierung dürfen an die in der Begründung eines die Suspendierung verfügenden Bescheides darzulegenden Tatsachen, die den Verdacht einer Dienstpflichtverletzung begründen, keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden. Ähnlich wie beim Einleitungsbeschluss etwa nach § 123 BDG muss das dem Beamten im Suspendierungsbescheid zur Last gelegte Verhalten, das im Verdachtsbereich als Dienstpflichtverletzung erachtet wurde, nur in groben Umrissen beschrieben werden. Die einzelnen Fakten müssen nicht bestimmt, dh in den für eine Subsumtion relevanten Einzelheiten beschrieben werden. In der Begründung des Suspendierungsbescheides ist aber darzulegen, warum sich nach dem geschilderten Verhalten der Verdacht einer die Suspendierung rechtfertigenden Dienstpflichtverletzung ergibt.
Jene Behörde, welche über die Suspendierung entscheidet, hat zu beurteilen, ob dem Beamten/der Beamtin ausreichend schwere Dienstpflichtverletzungen zur Last liegen, um ihn/sie vorläufig an der Ausübung seines/ihres weiteren Dienstes hindern zu dürfen. Die Verfügung der Suspendierung setzt den Verdacht einer Dienstpflichtverletzung voraus, die wegen ihrer "Art" das Ansehen des Amtes oder wesentliche Interessen des Dienstes gefährdet. Es können daher nur schwer wiegende, auf der Hand liegende Interessen der Verwaltung als sachbezogen anerkannt werden und die Suspendierung rechtfertigen. So kann eine Suspendierung zunächst in Betracht kommen, weil das verdächtige Verhalten noch nicht abzugrenzen, aber als schwer wiegend zu vermuten ist. Auch bei geringeren Verdachtsgründen kann aus der konkreten Situation das dienstliche Interesse an der Suspendierung begründet sein, zB bei denkbarer Verdunkelungsgefahr im Dienst oder schwerer Belastung des Betriebsklimas. Dagegen liegt das dienstliche Interesse, und zwar sowohl vor wie auch nach Aufklärung, bei Verfehlungen auf der Hand, die zur Disziplinarstrafe der Entlassung führen. Denn darin kommen eine so erhebliche Unzuverlässigkeit und ein so schwerer Vertrauensbruch zum Ausdruck, dass der Verwaltung und der Allgemeinheit bis zur Klärung und zum Abschluss des Falles eine Weiterbeschäftigung nicht zugemutet werden kann.
Es ist eine Suspendierung anderseits insbesondere dann unzulässig, wenn etwa bereits im Zeitpunkt der Entscheidung über ihre Verfügung offenkundig die Voraussetzungen für die Einstellung des Disziplinarverfahrens vorliegen. Bloße Gerüchte und vage Vermutungen allein reichen zur Verfügung der Suspendierung nicht aus. Vielmehr müssen greifbare Anhaltspunkte für eine Dienstpflichtverletzung in ausreichender Schwere sowohl in Richtung auf die objektive wie auf die subjektive Tatseite gegeben sein, welche die für eine Suspendierung geforderten Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt.
Mit seinem Beschwerdeeinwand, er sei zum Zeitpunkt der ihm vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen als Beamter karenziert gewesen, weshalb auch kein Anlass für die Disziplinarbehörden bestanden habe, hinsichtlich der gegen ihn erhobenen Vorwürfe einen Bezug zu dienstlichem Verhalten zu erblicken, zeigt der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Auch als karenzierter Beamter war der Beschwerdeführer nämlich zur Einhaltung seiner allgemeinen Dienstpflichten, insbesondere der Vertrauenswahrung gem § 18 Wr DO verpflichtet, weil er sich eben - ungeachtet seines Karenzurlaubes - noch in einem für den öffentlichen Dienst kennzeichnenden besonderen Treue- und Pflichtverhältnis befand und die Stadt Wien ihm gegenüber als ihrem Beamten auch in dieser Zeit besondere Fürsorgepflichten hatte.