21.04.2011 Zivilrecht

OGH: § 140 ABGB - Berücksichtigung der Kreditrückzahlungen für die vormalige Ehewohnung, die der Vater den Kindern geschenkt hat und in der sie wohnen?

Die Intention der Eltern, den Kindern die in deren Eigentum übertragene frühere Ehewohnung zu erhalten, kann nicht dazu führen, dass für die (sonstigen) laufenden Ausgaben für die Kinder nur mehr ein völlig unzureichender Betrag verbleibt; die Kreditrückzahlungen können daher nur soweit als den Lebensbedarf der Kinder deckende Unterhaltsleistungen berücksichtigt werden, als sie deren Wohnbedarf befriedigen


Schlagworte: Familienrecht, Unterhalt, Scheidungsfolgenvergleich, Kreditrückzahlung, Wohnung, im Eigentum des Kindes
Gesetze:

§ 140 ABGB

GZ 7 Ob 211/10w, 24.11.2010

OGH: Davon, dass die Kreditrückzahlungen für die vormalige Ehewohnung, die der Vater den Kindern geschenkt hat und in der sie wohnen, grundsätzlich als Unterhaltsleistungen anzusehen sind, ist das Rekursgericht ohnehin ausgegangen. Im Einklang mit oberstgerichtlicher Rsp haben die Vorinstanzen aber darauf hingewiesen, dass Unterhalt den gesamten Lebensbedarf des Unterhaltsberechtigten - den Lebensverhältnissen entsprechend ausgewogen - abdecken muss, jedoch nicht zu einer sachlich nicht gerechtfertigten Überalimentation in einem Teilbereich bei gleichzeitiger Kürzung in einem anderen Teilbereich der Bedürfnisse führen darf. Die Intention der Eltern, den Kindern die in deren Eigentum übertragene frühere Ehewohnung zu erhalten, kann nicht dazu führen, dass für die (sonstigen) laufenden Ausgaben für die Kinder nur mehr ein völlig unzureichender Betrag verbleibt. Die Kreditrückzahlungen können daher nur soweit als den Lebensbedarf der Kinder deckende Unterhaltsleistungen berücksichtigt werden, als sie deren Wohnbedarf befriedigen. Ob man daher als Grundlage für die Anrechnung der vom Vater geleisteten Kreditraten, wie im Regelfall, den fiktiven Mietwert der Wohnung heranzieht oder unter den vorliegenden speziellen Umständen die Wohnkosten mit einem Drittel oder sogar der Hälfte des gesamten Unterhaltsbedarfs veranschlagt, ändert deshalb nichts daran, dass die Regelung im Scheidungsfolgenvergleich, die monatliche Unterhaltszahlungen von nur 90 EUR für jedes Kind vorsieht, auf den Bedarf an Geldunterhalt nicht ausreichend Bedacht nimmt.

Es trifft zwar zu, dass es die gesetzliche Unterhaltsregelung des § 140 ABGB nach stRsp nicht ausschließt, dass die Eltern mit pflegschaftsbehördlicher Zustimmung davon abweichende Vereinbarungen treffen und ihnen also hinsichtlich ihrer jeweiligen Beitragsleistung eine gewisse Dispositionsfreiheit gewahrt bleibt. So kann sich etwa derjenige Elternteil, der seine Unterhaltspflicht durch die Betreuung des Kindes in seinem Haushalt erfüllt (hier die Mutter), verpflichten, Leistungen für den Geldunterhaltspflichtigen (hier der Vater) zu übernehmen, sofern durch diese Vereinbarung das Wohl des unterhaltsberechtigten Kindes nicht gefährdet und im Besonderen sein Gesamtunterhalt der Höhe nach nicht geschmälert wird. Eine solche teilweise Übernahme der Verpflichtung des Vaters zur Leistung von Geldunterhalt durch die Mutter haben die Eltern zwar auch im vorliegenden Fall offenbar beabsichtigt. Die Ansicht des Rekursgerichts, diesbezüglich mangle es aber an einer klaren Vereinbarung, ist zumindest vertretbar. Auch die Auffassung des Rekursgerichts, eine nicht ausreichend klare Regelung liege nicht im Interesse der pflegebefohlenen Kinder, entspreche daher nicht eindeutig deren Wohl und könne deshalb durch das Pflegschaftsgericht nicht genehmigt werden, begegnet keinerlei Bedenken und stellt jedenfalls keine Fehlbeurteilung dar, die einer Korrektur durch den OGH bedürfte.

Nach hA kann das Pflegschaftsgericht den zur Genehmigung vorgelegten Vertrag (Vergleich) nur entweder genehmigen oder die Genehmigung versagen, aber keine Vertragsänderungen vornehmen. Da die hier zu beurteilenden Regelungen des Scheidungsfolgenvergleichs einheitlich betrachtet werden müssen, würde das Verbleiben einiger Punkte bei Wegfall anderer eine Vertragsänderung bedeuten, die unzulässig wäre. Folgerichtig hat das Rekursgericht allen betreffenden Punkten des Scheidungsfolgenvergleichs die pflegschaftsbehördliche Genehmigung versagt. Der vom Revisionsrekurswerber noch relevierten Frage, ob sein Verzicht auf die Umstandsklausel unter dem hier maßgeblichen Aspekt des Kindeswohls als sittenwidrig anzusehen und deshalb, wie die Vorinstanzen meinen, auch für sich allein nicht genehmigungsfähig sei, kommt daher keine entscheidungswesentliche Bedeutung zu und kann dahingestellt bleiben.