16.12.2010 Zivilrecht

OGH: Jugendwohlfahrtsträger als Vertreter des minderjährigen Kindes zur Durchsetzung der Unterhaltsansprüche gem § 9 Abs 2 UVG

Der Jugendwohlfahrtsträger wird in Unterhaltsvorschussangelegenheiten mit der wirksamen Zustellung eines (zumindest teilweise bewilligenden) Beschlusses an ihn gem § 9 Abs 2 UVG zum ausschließlichen gesetzlichen Vertreter des Kindes, ohne dass es eines gesonderten Bestellungsbeschlusses oder einer Zustimmung des allgemeinen gesetzlichen Vertreters des Kindes entsprechend § 212 Abs 2 ABGB bedarf; die Befugnis zur Rechtsdurchsetzung und Rechtsverteidigung der Unterhaltsansprüche steht dann nur mehr dem Jugendwohlfahrtsträger zu


Schlagworte: Familienrecht, Unterhaltsvorschuss, Vertretung
Gesetze:

§ 9 Abs 2 UVG

GZ 7 Ob 166/10b, 22.10.2010

OGH: Es trifft zu, dass der Jugendwohlfahrtsträger in Unterhaltsvorschussangelegenheiten mit der wirksamen Zustellung eines (zumindest teilweise bewilligenden) Beschlusses an ihn gem § 9 Abs 2 UVG zum ausschließlichen gesetzlichen Vertreter des Kindes wird, ohne dass es eines gesonderten Bestellungsbeschlusses oder einer Zustimmung des allgemeinen gesetzlichen Vertreters des Kindes entsprechend § 212 Abs 2 ABGB bedarf. Die Befugnis zur Rechtsdurchsetzung und Rechtsverteidigung der Unterhaltsansprüche steht dann nur mehr dem Jugendwohlfahrtsträger zu, der alle Unterhaltsinteressen des Kindes allein wahrzunehmen hat, während die obsorgeberechtigte Person (hier die Mutter) in Bezug auf alle Unterhaltsangelegenheiten ihr Vertretungsrecht verliert. Diese ex lege-Bestellung des Jugendwohlfahrtsträgers tritt auch dann ein, wenn er - wie hier - gem § 212 Abs 2 ABGB bereits gesetzlicher Vertreter des Kindes zur Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen ist. Der Zweck dieser Regelung liegt weniger in einer Wahrung der Interessen des Kindes als in der Eintreibung des Unterhalts, auf den Vorschüsse gewährt wurden. Dadurch, dass im vorliegenden Fall nicht dem Jugendwohlfahrtsträger, sondern der Mutter Gelegenheit gegeben wurde, zum Unterhaltsbefreiungsantrag des Vaters Stellung zu nehmen, wurde demnach das rechtliche Gehör des Kindes verletzt. Der Anfechtungsgrund der Verletzung des rechtlichen Gehörs wirkt allerdings iSd § 58 Abs 1 Z 1 AußStrG (neu) - anders als die Nichtigkeitsgründe der ZPO - nicht absolut. Er stellt vielmehr einen Revisionsrekursgrund dar, der analog § 55 Abs 3 AußStrG zwar auch von Amts wegen aufzugreifen, aber nur dann wahrzunehmen ist, wenn er Einfluss auf die Richtigkeit der Entscheidung haben konnte. Gem § 58 Abs 1 und 3 AußStrG ist vor der Entscheidung auf Aufhebung und Zurückverweisung der Außerstreitsache an eine Vorinstanz daher zu prüfen, ob nicht eine Bestätigung schon aufgrund der Angaben im (Revisions-)Rekursverfahren oder eine Abänderung ohne weitere Erhebungen möglich ist. Um diese Prüfung vornehmen zu können, muss von einem Rechtsmittelwerber, der die Verletzung seines rechtlichen Gehörs geltend macht, gefordert werden, dass er seine Rüge durch Darlegung der Entscheidungserheblichkeit des Verfahrensverstoßes entsprechend konkretisiert.