OGH: Zur Frage der Anwendung des § 1486 Z 1 ABGB auf nach § 1041 ABGB abzugeltende Architektenleistungen
Qualifiziert nach § 1486 Z 1 ABGB sind nur Forderungen in einem geschäftlichen Betrieb als Gegenleistung für die Lieferung von Sachen/Ausführung von Arbeiten, nicht aber Gegenansprüche bloß aus Anlass solcher Geschäfte
§ 1041 ABGB, § 1486 Z 1 ABGB
GZ 4 Ob 117/10z, 05.10.2010
Mit ihrer Klage begehrte die Klägerin zunächst 593.568 EUR. Die Beklagte verwende mehrere Planungsleistungen der Klägerin ohne deren Zustimmung oder Entlohnung in rechtswidriger Weise. Der Anspruch gründe sich auf § 86 UrhG, § 1041 ABGB und das sonstige Bereicherungsrecht.
OGH: Gem stRsp und nach hL verjähren Verwendungsansprüche nach § 1041 ABGB grundsätzlich in 30 Jahren.
§ 1486 Z 1 ABGB statuiert eine dreijährige Verjährungsfrist für "Forderungen für Lieferung von Sachen oder Ausführung von Arbeiten oder sonstige Leistungen in einem gewerblichen, kaufmännischen oder sonstigen geschäftlichen Betrieb". Von seinem Wortlaut her erfasst er damit nicht nur vertragliche Entgeltansprüche, sondern alle Forderungen, die durch die in einem geschäftlichen Betrieb erfolgte Lieferung von Sachen oder Ausführung von sonstigen Leistungen begründet wurden. Nach der Rsp werden daher nicht nur Forderungen aus einem gültigen Vertragsverhältnis erfasst, sondern auch solche aus Geschäftsführung ohne Auftrag, Aufwandersatzansprüche oder Bereicherungsansprüche aus ungültigen, sonst jedoch § 1486 Z 1 ABGB unterliegenden Rechtsgeschäften.
"Ausführung von Arbeiten" umfasst Arbeiten aller Art, lediglich Entgeltansprüche der Dienstnehmer sind im § 1486 Z 5 ABGB besonders geregelt, sodass sich § 1486 Z 1 ABGB nur auf die Forderungen des Unternehmers bezieht. Unter "sonstige Leistungen" fallen jedenfalls Forderungen aus Geschäftsführung ohne Auftrag, Geschäftsbesorgung und Auskunftserteilung, sofern die Leistung in einem kaufmännischen oder sonstigen geschäftlichen Betrieb erfolgte; ganz allgemein somit auch die Forderungen aus der beruflichen Tätigkeit der Architekten, der Finanz- und Wirtschaftsberater sowie der Hausverwalter.
Hier liegt aber kein der Ausnahmeregel des § 1486 Z 1 ABGB zu unterstellender Fall vor. Die Forderung, die nach dieser Gesetzesstelle der dreijährigen Verjährungsfrist unterworfen ist, muss das Entgelt für eine der im Gesetz aufgezählten Gegenleistungen bilden. Ein synallagmatisches Leistungsverhältnis (Vertrag, Auftrag, Geschäftsbesorgung) liegt im Anlassfall nicht vor. Die hier begehrten Ansprüche sind nicht das Entgelt für erbrachte Leistungen, sondern resultieren aus der Verwendung des Vermögens der Klägerin für Belange der Beklagten. Qualifiziert nach § 1486 Z 1 ABGB sind nur Forderungen in einem geschäftlichen Betrieb als Gegenleistung für die Lieferung von Sachen/Ausführung von Arbeiten, nicht aber Gegenansprüche bloß aus Anlass solcher Geschäfte. Hier haben der Geschäftsbetrieb der Klägerin und deren Teilnahme an der Ausschreibung der Beklagten nur den Anlass für den geltend gemachten Bereicherungsanspruch geboten.
Die Rsp hat eine Erweiterung des Tatbestands auf bestimmte Bereicherungsansprüche bejaht, doch resultiert in diesem Fall der Bereicherungsanspruch - anders als zu 1 Ob 182/98s oder 10 Ob 148/05m - nicht aus einem ungültigen, sonst aber § 1486 ABGB unterliegenden Rechtsgeschäft, es liegt vielmehr gerade kein Rechtsgeschäft zwischen den Parteien betreffend jene Planungsleistungen vor, deren Wertersatz die Klägerin begehrt. Diese Leistungen wurden von der Beklagten rechtsgrundlos verwendet.
Mag auch die weite Fassung des Tatbestands nach § 1486 Z 1 ABGB nach den Absichten des Gesetzgebers "so ziemlich den ganzen geschäftlichen Verkehr umfassen", ändert dies nichts daran, dass Klagegrund in diesem Fall nicht eine im Geschäftsbetrieb der Klägerin entstandene Forderung aus der Ausführung von Arbeiten gegen die auftraggebende Beklagte ist, sondern die rechtsgrundlose Verwendung einer Leistung der Klägerin.
Das Motiv des Gesetzgebers zur Verkürzung der Verjährungszeit lag in der Vermeidung von Beweisschwierigkeiten: die 30-jährige Verjährung für "Forderungen des gewöhnlichen Geschäftsverkehrs des täglichen Lebens" müsse im Interesse der Rechtssicherheit abgekürzt werden, weil man sich über solche Forderungen gewöhnlich Quittungen nicht geben lasse oder sie doch nicht durch 30 Jahre aufheben könne. Diese Überlegungen treffen auf den Fall der rechtsgrundlosen Verwendung einer Leistung nicht zu.
Hier liegt aber auch kein Fall eines Kondiktionsanspruchs nach § 1431 ABGB wegen einer im Rahmen einer im geschäftlichen Betrieb vorgenommenen irrtümlichen Mehrlieferung in vermeintlicher Erfüllung bestehender vertraglicher Verbindlichkeiten vor, welche gleichfalls der kurzen Verjährungsfrist nach § 1486 Z 1 ABGB unterstellt wurde. Ist aber keine jener Bestimmungen, die eine kurze Verjährungsfrist vorsehen, sei es unmittelbar, sei es kraft Analogieschlusses, anwendbar, hat es bei der grundsätzlichen für Verwendungsansprüche nach § 1041 ABGB geltenden 30-jährigen Verjährung zu bleiben.
Es bildet nach Ansicht des erkennenden Senats auch keinen Wertungswiderspruch, den Anspruch auf angemessenes Entgelt nach § 86 UrhG entsprechend § 90 Abs 1 UrhG nach drei Jahren als verjährt anzusehen, mangels urheberrechtlicher Ansprüche nach § 1041 ABGB zu beurteilende Verwendungsansprüche hingegen erst nach 30 Jahren verjähren zu lassen. Die Regelungen des UrhG sehen für die Ansprüche des Schöpfers bestimmter Leistungen von den allgemeinen Regeln des bürgerlichen Rechts abweichende Bestimmungen vor, die in ihrer Gesamtheit ein System bilden. Das Herausgreifen einzelner Bestandteile dieses Systems - hier etwa die besondere Verjährungsbestimmung des § 90 Abs 1 UrhG - und deren (wertende) Gegenüberstellung mit einzelnen Bestimmungen des allgemeinen bürgerlichen Rechts ist daher nicht zulässig. Dass der Anlassfall nicht den Tatbestand des § 1486 Z 1 ABGB erfüllt, bedeutet auch nicht, dass bereits eine durch Analogie zu schließende Lücke in den Verjährungsregeln des ABGB bestünde. Dass sich der hier zu entscheidende Fall wesentlich von jenen Fällen unterscheidet, welche bislang § 1486 Z 1 ABGB unterstellt wurden, wurde bereits dargelegt.
Auch die erst mehr als drei Jahre nach Aneignung der klägerischen Planungsleistungen durch die Beklagte erhobenen Verwendungsansprüche sind daher nicht verjährt.