01.07.2010 Zivilrecht

OGH: Zur Erbsentschlagung (zugunsten Dritter)

Die Erklärung, auf eine Erbschaft zugunsten einer bestimmten Person zu verzichten, ist als Erbschaftsschenkung oder Erbschaftskauf zu behandeln; sie bedarf daher der Annahme und unterliegt der Formpflicht des § 1278 ABGB


Schlagworte: Erbrecht, Erbsentschlagung (zugunsten Dritter)
Gesetze:

§ 805 ABGB, § 1278 ABGB

GZ 4 Ob 40/10a, 20.04.2010

Nach Auffassung des Rechtsmittelwerbers sei die Erbsentschlagung seiner Schwester so auszulegen gewesen, dass ihr Erbteil ausschließlich ihm als nach damaliger Aktenlage einzigem anderen gesetzlichen Erben zukommen sollte. Da sich nachträglich herausgestellt habe, dass der Erbverzicht eines weiteren Bruders unwirksam sei, gebührten ihm daher sein eigenes und das Drittel der Schwester, der Bruder sei auf das verbleibende Drittel verwiesen.

OGH: Die Erklärung, auf eine Erbschaft zugunsten einer bestimmten Person zu verzichten, ist als Erbschaftsschenkung oder Erbschaftskauf zu behandeln; sie bedarf daher der Annahme und unterliegt der Formpflicht des § 1278 ABGB. Diese Formpflicht wird nicht durch die Entschlagungserklärung und die Erbantrittserklärung des Begünstigten erfüllt. Selbst wenn daher die Erklärung der Schwester im vom Rechtsmittelwerber behaupteten Sinn zu verstehen gewesen sein sollte (wofür es allerdings keinen Anhaltspunkt gibt), hätte sie mangels wirksamer Erbschaftsschenkung nicht dazu geführt, dass das Drittel der Schwester an ihn gefallen wäre.

Wäre die Entschlagung der Schwester unter der Bedingung gestanden, dass der Rechtsmittelwerber den dadurch frei werdenden Erbteil erhält (wofür es allerdings ebenfalls keinen Anhaltspunkt gibt), so wäre sie wegen der Bedingungsfeindlichkeit von Verfahrenserklärungen unzulässig und wirkungslos gewesen. Dies hätte der Schwester im weiteren Verfahren eine Erbantrittserklärung ermöglicht, was zur Drittelung des Nachlasses geführt hätte; ohne solche Erklärung wäre der Nachlass den Brüdern zur Hälfte zugefallen. Auch die Annahme einer Bedingung führte daher nicht zum vom Rechtsmittelwerber gewünschten Ergebnis. Gleiches gilt, wenn man entgegen der jüngeren Rsp annehmen wollte, dass die Schwester ihre Erklärung wegen eines Motivirrtums anfechten könnte. Denn auch eine solche Anfechtung hätte daher nur zur Folge, dass das Erbe nach einer Erbantrittserklärung der Schwester gedrittelt würde.