OGH: Zur Fürsorgepflicht des Werkbestellers
Eine allgemeine Fürsorgepflicht des Bestellers, ohne Anlass bereits vor Vertragsabschluss die Interessen des Werkunternehmers an einer jederzeitigen und ohne Erschwernissen möglichen Vornahme etwaiger Verbesserungsarbeiten wahrzunehmen, ist zu verneinen
§ 1169 ABGB, § 1157 ABGB
GZ 3 Ob 267/09z, 24.03.2010
Die klagende Partei vermisst eine Aufklärung durch den Besteller darüber, dass bei etwaig nötigen Verbesserungsarbeiten der Zutritt zu den Räumlichkeiten nicht immer bzw nur unter erschwerten Bedingungen möglich sein werde und leitet daraus ab, es bestehe für sie keine Verpflichtung zum Ersatz jener Kosten, die wegen dieser "besonderen Umstände" entstanden seien.
OGH: Im Werkvertragsrecht sind die Schutzpflichten des Bestellers dahin geregelt, dass sinngemäß die Bestimmungen über die Schutzpflichten des Dienstgebers (§ 1157 ABGB) gelten (§ 1169 ABGB). Die den Besteller treffende Fürsorgepflicht umfasst primär den Schutz des Lebens und die Gesundheit des Unternehmers und seiner Leute, deren er sich bei der Werkherstellung bedient; sie beinhaltet aber auch Sachschäden. Der Besteller hat den Werkunternehmer vor gefährlichen Umständen zu warnen bzw ihn darüber zu informieren. Der Umfang der Warn- und Sicherungspflichten richtet sich danach, wie weit sich der Unternehmer in einen der Sphäre des Bestellers zuzuordnenden Bereich begibt, in dem er gefährdet ist. Eine Fürsorgepflicht des Bestellers fällt dann vollständig weg, wenn von seiner Seite keine Gefahr ausgeht. Ausgehend von diesen, in der stRsp vertretenen Grundsätzen liegt es auf der Hand, dass das Erfordernis, bei etwaigen Verbesserungsarbeiten auf die Belange eines nunmehrigen Mieters Rücksicht zu nehmen, keine von Seiten der beklagten Partei ausgehende Gefahr für Leben, Gesundheit oder Eigentum iSd § 1169 iVm § 1157 ABGB darstellt, die eine Warnpflicht auslösen könnte.
Eine allgemeine Fürsorgepflicht des Bestellers, ohne Anlass bereits vor Vertragsabschluss die Interessen des Werkunternehmers an einer jederzeitigen und ohne Erschwernissen möglichen Vornahme etwaiger Verbesserungsarbeiten wahrzunehmen, ist zu verneinen. Zwar haben die Vertragspartner nicht nur ihre Vertragsverbindlichkeiten so zu erfüllen, dass der andere Teil weder an seiner Person noch an seinen Rechtsgütern Schaden nimmt, sondern auch noch darüber hinausgehende Rechtspflichten - etwa auf Auskunft oder Belehrung - einzuhalten, die aus dem Gebot der redlichen und verkehrsüblichen Vertragserfüllung entstehen können.
Aufgrund der bisherigen Verfahrensergebnisse ist der beklagten Partei aber weder unter Berücksichtigung der ergänzenden Vertragsauslegung, noch der redlichen Verkehrsübung oder der deutlich hervortretenden Interessen der Parteien, eine Verletzung der Aufklärungspflicht vorzuwerfen. Im Hinblick auf eine redliche und verkehrsübliche Vertragserfüllung bestand für sie kein Anlass, von vornherein die Notwendigkeit von Verbesserungsarbeiten in Erwägung zu ziehen; weiters konnte sie nicht erkennen, dass ein deutliches Interesse der klagenden Partei daran vorgelegen war, den Auftrag nicht anzunehmen, wenn ihr bekannt gewesen wäre, dass allenfalls nötige Verbesserungsarbeiten nur unter Rücksichtnahme auf die Belange eines Mieters durchgeführt werden könnten. Vielmehr konnte sie davon ausgehen, der klagenden Partei sei selbst abschätzbar gewesen, dass Räume nach Montage einer Klimaanlage üblicherweise nicht leer stehen bleiben, ein ungehinderter Zugang deshalb nur für einen bestimmten Zeitraum möglich sein werde und für etwaige danach vorzunehmende Verbesserungsarbeiten mit erschwerten Bedingungen zu rechnen sei.