03.06.2010 Zivilrecht

OGH: Pfandvertrag - Verstoß gegen § 1371 ABGB einer Verkaufsabrede an eine kreditfinanzierende Bank

Die in der Verkaufsvollmacht enthaltene Erklärung, dass aus der Kreditgeschäftsverbindung bereits fällige Forderungen unberechtigt aushaften und die Vollmacht "in diesem Zusammenhang" erteilt werde, reicht nicht aus, Bedenken hinsichtlich einer Umgehung der Verbotsnorm des § 1371 ABGB zu beseitigen


Schlagworte: Pfandvertrag, unerlaubte Bedingungen, Grundbuchsverfahren, grundbücherliche Eintragung, gegründete Bedenken, Verkaufsvollmacht
Gesetze:

§ 1371 ABGB, § 94 Abs 1 Z 2 GBG

GZ 5 Ob 258/09s, 11.02.2010

OGH: Wird einer für den Liegenschaftseigentümer einschreitenden Bank eine umfassende Vollmacht zur Vorbereitung und Durchführung des privaten Verkaufs einer Liegenschaft erteilt, die der hypothekarischen Sicherung eines gewährten Kredits dient, deutet das bereits auf die Umgehung der Verbotsnorm des § 1371 ABGB hin.

Maßgeblich hiefür ist, ob der Inhalt einer Verkaufsvollmacht mangels jeder effektiven Möglichkeit des Eigentümers zur Optimierung des Verkaufserlöses dem Zweck der Verbotsnorm des § 1371 ABGB, nämlich den Pfandbesteller davor zu schützen, dass er sich im Vertrauen, jeweils seine Schuld begleichen oder seine Verbindlichkeit klaglos erfüllen zu können (es also zur Pfandverwertung gar nicht kommen werde), zur Aufgabe eines die Forderung des Gläubigers - meist - übersteigenden Vermögenswerts verpflichtet.

Dieser Rsp folgend haben die Vorinstanzen auch hier bei Bestand eines hypothekarisch gesicherten Kredits Bedenken gegen die Wirksamkeit einer der kreditgebenden Bank erteilten Verkaufsvollmacht samt Vollmacht zur Bewirkung einer Veräußerungsrangordnung iSd § 94 Abs 1 Z 2 GBG abgeleitet.

Die in der Verkaufsvollmacht enthaltene Erklärung, dass aus der Kreditgeschäftsverbindung bereits fällige Forderungen unberechtigt aushaften und die Vollmacht "in diesem Zusammenhang" erteilt werde, reicht nicht aus, Bedenken im oben aufgezeigten Sinn zu beseitigen. Die Formulierung "in diesem Zusammenhang erteilen wir diese folgende Vollmacht" ist auch keineswegs dahin eindeutig, dass die Verkaufsvollmacht ausschließlich für fällige Forderungen vereinbart wurde, welche Zweifelsfrage im Grundbuchsverfahren auch nicht abschließend geklärt werden kann.

Soweit der Revisionsrekurs schließlich noch mit einer Restgültigkeit der Verkaufsvollmacht argumentiert, weil die Bevollmächtigung zur Erwirkung einer Rangordnungsanmerkung vom Schutzzweck des § 1371 ABGB nicht unmittelbar erfasst sei, wird verkannt, dass gerade der Umfang der der Gläubigerin in der Verkaufsvollmacht eingeräumten Rechte die Vermutung nahe legt, es könne damit ein gesetzliches Verbot, und zwar jenes des § 1371 ABGB verletzt oder umgangen worden sein.

Bei Prüfung der Eintragungsvoraussetzungen iSd § 94 Abs 1 Z 2 GBG genügt als Entscheidungskriterium, dass "gegründete Bedenken" bestehen. Eine endgültige Wirksamkeitsprüfung findet daher in diesem Zusammenhang nicht statt. Ein allenfalls im Streitverfahren möglicher derartiger Einwand ist hier versagt.