OGH: Kleingartengesetz auf gewidmetes Bauland nicht anwendbar?
Weder dem KlGG noch der dazu ergangenen Rechtsprechung lässt sich ein Hinweis darauf entnehmen, dass das KlGG auf gewidmetes Bauland nicht anwendbar wäre, weil dieses grundsätzlich nicht für Erholungszwecke, sondern zur Bebauung bestimmt ist
§ 1 KlGG
GZ 6 Ob 17/10h, 18.02.2010
Die Klägerin führt aus, das KlGG sei auf gewidmetes Bauland nicht anwendbar, weil dieses grundsätzlich nicht für Erholungszwecke, sondern zur Bebauung bestimmt sei. Der in § 1 Abs 1 KlGG normierte Rechtsbegriff "dienen" bedinge eine zumindest längerfristig bestehende objektive Beschaffenheit des Grundstücks für die gesetzlichen Zwecke; auf den subjektiven Vertragszweck komme es nicht an.
OGH: Nach § 1 Abs 1 KlGG sind Kleingärten Grundstücke (Grundstücksteile) im Ausmaße von mehr als 120 m² und höchstens 650 m², die der nicht gewerbsmäßigen Nutzung oder der Erholung dienen. Kleingärten können in oder außerhalb einer Kleingartenanlage liegen.
Nach stRsp des OGH wird ein Grundstück dann kleingärtnerisch genutzt, wenn es dazu bestimmt ist, vom Pächter zur Gewinnung von Gartenfrüchten der verschiedensten Art, insbesondere von Gemüse und Obst, mit eigenen Kräften unter Anwendung von kleinerem Werkzeug genutzt zu werden, ohne dass beabsichtigt wäre, die Erträgnisse oder einen Teil hievon durch Verkauf zu verwerten.
Kleingärtnerische Nutzung bedeutet aber auch, dass der Kleingarten - ohne Fruchtziehung als Zier- oder reiner Erholungsgarten bzw in Mischform - ausschließlich oder doch auch der Erholung des (Unter-)Pächters dienen soll (gesundheitliche Bedeutung). "Erholung" muss dabei aber nicht unbedingt bloßes Entspannen durch Liegen, Sitzen oder geselliges Beisammensein im Kleingarten bedeuten; je nach Beruf und persönlicher Konstitution des (Unter-)Pächters können vielmehr auch kleinere oder größere Gartenarbeiten iSe körperlichen Betätigung in frischer Luft (Bewegungsausgleich bei sitzender Beschäftigung udgl) der Erholung dienen. Diese Nutzung von Kleingärten steht heute gegenüber der landwirtschaftlichen Nutzung im Vordergrund.
Auch wenn die Vermietung einer Liegenschaft zu Wohnzwecken nicht unter die Bestimmungen des KlGG fällt, ist es doch nicht ausgeschlossen, dass auf dem Kleingartengrundstück ein Gebäude - regelmäßig in Form eines Superädifikats - errichtet wird; dies ist jedenfalls solange unschädlich, als dadurch nicht die Nutzung des Kleingartens iSd § 1 Abs 1 KlGG verhindert wird, also ein ausreichender Garten verbleibt, oder die Errichtung von Baulichkeiten den Bestimmungen des (Unter-)Pachtvertrags widerspricht.
Weder dem KlGG noch der dazu ergangenen Rechtsprechung lässt sich ein Hinweis darauf entnehmen, dass das KlGG auf gewidmetes Bauland nicht anwendbar wäre, weil dieses grundsätzlich nicht für Erholungszwecke, sondern zur Bebauung bestimmt ist. Vielmehr hat der OGH bereits ausgeführt, dass die Bestimmungen der Bauordnung einen anderen Zweck verfolgten und daher zur Auslegung des Begriffs "kleingärtnerische Nutzung" nicht herangezogen werden könnten. In der Entscheidung 6 Ob 524/86 wiederum wurde betont, es könne keinem Zweifel unterliegen, dass Kleingärten auch in raumordnungs- und baurechtlich neutraler Weise genutzt werden können, wenn sich die Inhaber der Kleingärten auf die reine Bodennutzung beschränken.
Nach Hinghofer-Szalkay/Ortner ist jeweils im Einzelfall zu prüfen, ob tatsächlich eine "kleingärtnerische Nutzung" vorliegt, ob dort also Gartenbau betrieben oder aber der Erholungszweck iVm einer Gartenfläche ausgeübt wird.
Die von der Klägerin vertretene objektivierende Auffassung, es komme rein auf die Beschaffenheit des in Rede stehenden Grundstücks an, nicht aber auf den vereinbarten oder tatsächlichen Verwendungszweck, widerspricht somit bereits bestehender Rsp des OGH, die offensichtlich auch von der - wenn auch nur spärlich vorhandenen - Literatur nicht in Zweifel gezogen wird.