01.04.2010 Zivilrecht

OGH: Regress des Scheinvaters im Umfang von an den Unterhalt bevorschussenden Bund refundierter Beträge

Der Unterhaltsaufwandsersatzanspruch des Scheinvaters gegen den wahren Vater verjährt auch dann nach drei Jahren nach Rechtskraft der Statusentscheidung, wenn der Scheinvater nicht direkt an das Kind, sondern im Regressweg an den Unterhaltsvorschüsse leistenden Bund gezahlt hat; der Verjährungsausschluss des § 26 Abs 3 UVG kommt ausschließlich dem Bund zugute


Schlagworte: Familienrecht, Regress des Scheinvaters, Unterhaltsvorschuss, Verjährung
Gesetze:

§ 1042 ABGB, § 1480 ABGB, § 1478 ABGB, § 140 ABGB, UVG

GZ 4 Ob 198/09k, 19.01.2010

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision mangels Rechtsprechung zum Regress des Scheinvaters im Umfang von an den Unterhalt bevorschussenden Bund refundierter Beträge zulässig sei. Für den Lauf der Verjährung komme es nur auf die objektive Möglichkeit zur Geltendmachung des Anspruchs an, die subjektive Kenntnis des Scheinvaters von der Statusentscheidung sei hingegen ohne Bedeutung. Der Regress des Scheinvaters sei nach § 1042 ABGB (und nicht nach § 1358 ABGB) zu beurteilen. Es bestehe kein Grund, bei Geltendmachung von Verwendungsansprüchen zwischen Leistungen des Scheinvaters an den Unterhaltsberechtigten selbst und Zahlungen an den den Unterhalt bevorschussenden Bund zu differenzieren.

OGH: Wer für einen anderen einen Aufwand macht, den dieser nach dem Gesetz selbst hätte machen müssen, hat das Recht, Ersatz zu fordern (§ 1042 ABGB). Erbringt (wie im vorliegenden Fall) ein vermeintlich selbst dazu Verpflichteter Unterhaltsleistungen, so wird ihm nach Beseitigung des ihn als Vater feststellenden Rechtsakts von Lehre und Rechtsprechung gegen den in Wahrheit nach dem Gesetz Unterhaltspflichtigen ein Ersatzanspruch nach § 1042 ABGB gewährt. Der Umfang dieses Ersatzanspruchs bestimmt sich nach der Leistung des Scheinvaters einerseits und ist andererseits durch die dem wahren Unterhaltsschuldner nach dem Gesetz obliegende Unterhaltsverpflichtung begrenzt. Die Unterhaltsverpflichtung des Scheinvaters kann sich aus der Ehelichkeitsvermutung in Ansehung des unterhaltsberechtigten Kindes oder - wie hier - aus einem Vaterschaftsanerkenntnis des Scheinvaters ergeben. Der Nutzen des leiblichen Vaters und wahren Unterhaltspflichtigen liegt dabei darin, dass im Umfang der vom Scheinvater erbrachten Leistungen der gesetzliche Unterhaltsanspruch des Kindes erloschen ist und er, der wahre Unterhaltsschuldner, von seiner Verpflichtung im Ausmaß der vom Scheinvater (Verkürzten) erfüllten Unterhaltsschuld befreit ist.

Gem § 1478 ABGB kann jede Verjährungsfrist erst dann zu laufen beginnen, wenn für den Gläubiger die objektive Möglichkeit der Geltendmachung seines Anspruchs bestand. Daraus leitete der OGH ab, dass die Verjährung des Anspruchs eines aufgrund eines Vaterschaftsanerkenntnisses feststehenden unehelichen Vaters gegen den leiblichen Vater des Kindes auf Ersatz von Unterhaltsleistungen gem § 1042 ABGB nicht vor der rechtskräftigen Beseitigung jenes Anerkenntnisses beginnen kann, das ihn unterhaltspflichtig gemacht hat. Erst mit der Rechtskraft des Urteils, in dem festgestellt worden ist, dass das Kind Kind des Scheinvaters ist, besteht für die Geltendmachung eines Unterhaltsanspruchs gegen den leiblichen Vater kein der Verjährung einzelner Unterhaltsleistungen entgegenstehendes rechtliches Hindernis mehr. Die Verjährungsfrist eines Anspruchs nach § 1042 ABGB folgt aus Gründen des Schuldnerschutzes der des getilgten Anspruchs. Dies gilt auch für getilgte Unterhaltsansprüche. Da Unterhaltsansprüche gem § 1480 ABGB in 3 Jahren verjähren, sind die von der Klägerin als Gesamtrechtsnachfolgerin des Scheinvaters mehr als 3 Jahre nach Rechtskraft der Statusentscheidung klageweise nach § 1042 ABGB geltend gemachten Ersatzansprüche verjährt. Der Umstand, dass die Unterhaltsleistungen, deren Ersatz die Klägerin als Rechtsnachfolgerin des Scheinvaters begehrt, nicht direkt an das Kind sondern an den Unterhaltsvorschüsse gewährenden Bund geleistet wurden, vermag daran nichts zu ändern. Auf die Bestimmung des § 26 Abs 3 UVG, wonach Unterhaltsansprüche nicht verjähren, soweit auf sie Vorschüsse geleistet wurden, kann sich die Klägerin nicht berufen. Diese Bestimmung begünstigt ausschließlich die Unterhaltsvorschüsse gewährende Republik Österreich, die im gesamtstaatlichen Interesse (Gemeinschaft der Steuerzahler) bei der Verjährung begünstigt wird (§§ 1472, 1485 ABGB). Diese Bevorzugung ist als sachlich gerechtfertigt anzusehen.

Der Argumentation der Klägerin, die Zahlung ihres Rechtsvorgängers an den Bund habe gem § 1358 ABGB den Übergang der Regressforderung des Bundes auf den Scheinvater bewirkt, steht entgegen, dass dieser zum damaligen Zeitpunkt mangels Beseitigung des Vaterschaftsanerkenntnisses Unterhaltsschuldner war und er somit keine materiell fremde Schuld, sondern eine auch materiell eigene Schuld erfüllte.