OGH: Wiederaufleben des Unterhaltsanspruchs der geschiedenen Ehegattin
Die Geburt eines Kindes nach der Scheidung ist weder als Fall einer selbst verschuldeten Bedürftigkeit (§ 73 EheG) noch als schwere Verfehlung gegen den unterhaltspflichtigen, geschiedenen Ehegatten (§ 74 EheG) zu qualifizieren; wegen der Unzumutbarkeit der Einkommenserzielung aufgrund der Betreuungspflicht gegenüber dem Kind lebt der Ehegattenunterhalt wieder auf
§ 73 EheG, § 74 EheG, § 66 EheG, § 55a EheG
GZ 3 Ob 134/09s, 25.11.2009
Streitgegenständlich ist die Frage, ob der Unterhaltsanspruch der geschiedenen Ehegattin wieder auflebt, wenn diese von einem anderen Mann ein uneheliches Kind bekommt und daher ihrer bisherigen Erwerbstätigkeit nicht weiter nachgehen kann.
OGH: Bereits in einer früheren Entscheidung sprach der OGH aus, dass auch ein nacheheliches, nicht vom Unterhaltspflichtigen stammendes Kind die (erstmalige) Annahme einer Berufstätigkeit unzumutbar macht. Dafür spricht das Kindeswohl und der Umstand, dass auch auf Seiten des Unterhaltsschuldners nachträglich entstandene Sorgepflichten für Kinder zur berücksichtigen sind.
Für die Frage der Zumutbarkeit einer Erwerbstätigkeit kann es nicht darauf ankommen, ob das zu betreuende Kind vom Unterhaltspflichtigen abstammt. Bei einer Scheidung von einer Frau im gebärfähigen Alter, nimmt der Ehegatte, abgesehen von den auch sonst jedermann treffenden Risiken der Erkrankung oder der Unmöglichkeit einen Arbeitsplatz zu finden, auch jenes vorhersehbare Risiko auf sich, das darin besteht, dass die Unterhaltspflicht entweder länger bestehen bleibt oder erst wiederum auflebt, weil die geschiedene Frau Mutter wird und schon wegen der erforderlichen Betreuung eines Kindes keiner Erwerbstätigkeit nachgehen kann.
Die Geburt eines Kindes nach der Scheidung ist weder als Fall einer selbst verschuldeten Bedürftigkeit (§ 73 EheG) noch als schwere Verfehlung gegen den unterhaltspflichtigen, geschiedenen Ehegatten (§ 74 EheG) zu qualifizieren. Wegen der Unzumutbarkeit der Einkommenserzielung aufgrund der Betreuungspflicht gegenüber dem Kind lebt der Ehegattenunterhalt wieder auf.