OGH: Zum Wegfall der Wiederholungsgefahr nach § 28 Abs 2 KSchG iZm Unterlassungserklärung
Fügt der Verwender von AGB seiner nach Abmahnung gem § 28 Abs 2 KSchG abgegebenen Unterlassungserklärung neu formulierte Ersatzklauseln mit einer sinngemäßen "Maßgabe" bei, diese seien mit den inkriminierten Klauseln nicht "sinngleich", daher zulässig und von der Unterlassungserklärung ausgenommen, liegt keine vollständige Unterwerfung unter den Anspruch einer gem § 29 KSchG klageberechtigten Einrichtung vor; die Wiederholungsgefahr wird dadurch nicht beseitigt und zwar unabhängig davon, ob die neuen Klauseln im Verhältnis zu den beanstandeten Klauseln tatsächlich "sinngleich" sind
§ 28 KSchG
GZ 5 Ob 138/09v, 13.10.2009
OGH: § 28 Abs 2 KSchG wurde mit der KSchG-Novelle BGBl I 1997/6 eingeführt. Nach den Gesetzesmaterialien sollte dadurch klargestellt werden, dass die nach § 29 KSchG klagslegitimierten Einrichtungen ein Abmahnverfahren durchführen können, ohne sich der Gefahr auszusetzen, durch eine Abmahnung in einem in der Folge erforderlichen gerichtlichen Verfahren in eine ungünstigere Position zu gelangen. Gibt der Unternehmer die verlangte Unterlassungserklärung ab, so ist die Wiederholungsgefahr weggefallen; gibt er eine solche Unterlassungserklärung hingegen nicht ab, so wird dies im Allgemeinen die Wiederholungsgefahr indizieren. Das - nicht obligatorische - Abmahnverfahren ermöglicht es somit, eine für beide Teile kostengünstige und die Gerichte entlastende Bereinigung der Angelegenheit herbeizuführen.
Nach stRsp beseitigt nur die vollständige Unterwerfung unter den Anspruch einer gem § 29 KSchG klageberechtigten Einrichtung die Wiederholungsgefahr. Die Unterlassungserklärung muss nicht nur die beanstandeten, sondern auch sinngleiche Klauseln umfassen und es dürfen ihr weder Einschränkungen noch Bedingungen beigefügt sein. Zwar sieht die Bestimmung des § 28 Abs 2 KSchG nicht ausdrücklich vor, dass die Wiederholungsgefahr nur durch die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung wegfallen könne. Allerdings vermag das damit geregelte (fakultative) Abmahnverfahren nur dann seinen Zweck zu erfüllen, wenn andere Formen der formellen oder materiellen Unterwerfung zumindest einen ähnlichen Gewissheitsgrad aufweisen. Die Verwendung der Klauseln muss für die Zukunft geradezu ausgeschlossen sein und zwar sowohl für neu abzuschließende Verträge als auch durch eine Berufung darauf in bereits bestehenden Verträgen. Die mit dem Abmahnverfahren angestrebte außergerichtliche Streitbereinigung tritt daher nur ein, wenn für beide Seiten Rechtssicherheit entsteht.
In der Entscheidung 6 Ob 572/87 hat der OGH zwar den Wegfall der Wiederholungsgefahr unter der Voraussetzung bejaht, dass nach den konkreten Umständen bei vernünftiger Beurteilung die Annahme gerechtfertigt sei, der Unternehmer werde in Hinkunft anstelle der alten nur noch die neuen AGB verwenden. Die Wiederholungsgefahr falle dann insoweit weg, als nicht (auch) die neuen Bedingungen Bestimmungen enthielten, die von der titelmäßigen Verpflichtung zur Unterlassung umfasst wären. Ausgehend von dieser Rechtsansicht erachtete es der OGH daher für geboten, die alten und die neuen Bedingungen einander gegenüberzustellen und auch die neuen Bedingungen einer inhaltlichen Prüfung zu unterziehen.
Nach der aktuellen, mit der KSchG-Novelle BGBl I 1997/6 geschaffenen Rechtslage können diese Grundsätze aber nur noch in jenen Fällen von Bedeutung sein, in denen eine vorprozessuale Abmahnung unterblieben ist, während sie im Fall der Durchführung eines Abmahnverfahrens im Hinblick auf die mittlerweilige Einführung des § 28 Abs 2 KSchG überholt sind.
Der Unternehmer muss daher, will er die Wiederholungsgefahr beseitigen, nach Abmahnung eine unbedingte, uneingeschränkte und strafbewehrte Unterlassungserklärung abgeben.