OGH: Schadenersatzansprüche des Vermieters nach § 1111 ABGB gegenüber dem weichenden Mieter iZm Schimmelbildung auf Grund zu geringer Raumlüftung
§ 1111 ABGB normiert eine verschuldensabhängige Haftung des Bestandnehmers für die Beschädigung oder missbräuchliche Abnutzung des Bestandobjekts, wobei der Bestandnehmer aber nicht bei einem vertragsmäßigen (= schonenden) Gebrauch der Bestandsache und für die sich daraus ergebende gewöhnliche Abnutzung haftet
§ 1098 ABGB, § 1111 ABGB, § 1297 ABGB
GZ 6 Ob 272/08f, 16.10.2009
Im gegenständlichen Fall geht es um die Frage, ob eine den Wohnbedürfnissen entsprechende Nutzung der Wohnung dennoch zu Schadenersatzansprüchen des Vermieters nach § 1111 ABGB gegenüber dem weichenden Mieter führt, weil dieses übliche Wohnverhalten in klimatechnischer und energietechnischer Hinsicht ein falsches war und zu einer Durchfeuchtung der Außenmauern und Schimmelbildung führte.
OGH: Den Bestandnehmer treffen nach hA auch ohne ausdrückliche Vereinbarung die Pflicht, den vertragsgemäßen Gebrauch nicht zu überschreiten, und Schutz- und Obhutspflichten, die über die bloße Beschränkung des Gebrauchs auf eine "schonende Ausübung" hinausgehen. § 1111 ABGB normiert eine verschuldensabhängige Haftung des Bestandnehmers für die Beschädigung oder missbräuchliche Abnutzung des Bestandobjekts. Der Bestandnehmer haftet nicht bei einem vertragsmäßigen (= schonenden) Gebrauch der Bestandsache und für die sich daraus ergebende gewöhnliche Abnutzung. Inhalt und Umfang des Gebrauchsrechts des Mieters (§ 1098 ABGB) bestimmen sich nach der Vereinbarung, dann nach dem Zweck des Bestandverhältnisses und ergänzend nach Ortsgebrauch und Verkehrssitte.
Im Vertrag ist nicht festgelegt, wie und in welchem Ausmaß die Mieter die Räumlichkeiten zu belüften haben. Nach den Feststellungen wurde täglich ein paar Mal für mindestens zehn Minuten Raum für Raum gelüftet. Das Lüften Raum für Raum ist üblich, insbesondere, wenn wegen eines Babys Luftzug vermieden werden soll. Das Lüftungsverhalten des Erstklägers und seiner Ehefrau, die die Schimmelbildung auf Baumängel zurückführten und dies der Beklagten bekanntgaben, entspricht somit der Anwendung gewöhnlicher Fähigkeiten (§ 1297 ABGB). Dass zur Lösung des Schimmelproblems ua ein Querlüften über die Gangtüre oder zumindest über zwei geöffnete Fenster mehrmals täglich ca fünf Minuten bei Anwesenheit erforderlich ist, war den Bewohnern des Bestandobjekts nicht bekannt. Ein vorwerfbares Fehlverhalten ist daher zu verneinen.