OGH: Fiktive Sanierungskosten
Der Zuspruch der fiktiven Sanierungskosten iHd vom Sachverständigen erarbeiteten Sanierungskonzepts ist durchaus vertretbar, wenn im Hinblick auf die lediglich teilweise Sanierung die endgültigen Sanierungskosten auch durch einen Sachverständigen noch nicht festgestellt werden könnten
§ 933a ABGB, § 1435 ABGB
GZ 6 Ob 154/09d, 18.09.2009
Die Beklagte wurde von den Vorinstanzen zur Zahlung des Deckungskapitals für die Dachsanierung am Gebäude der Klägerin verpflichtet, da das Dach von der Beklagten hergestellt wurde und erhebliche Mängel aufwies.
OGH: Nach stRsp des OGH können die Kosten einer künftigen Heilbehandlung vom Geschädigten, der die Heilbehandlung ernstlich beabsichtigt, (nur) vorschussweise begehrt werden. Dem Verletzten gebührt daher zwar kein Ersatz von Heilbehandlungskosten, wenn (zum Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung erster Instanz) feststeht, dass die Heilbehandlung unterbleibt; der Grund für die Vorschusspflicht liegt jedoch in dem allgemeinen Grundsatz, wonach der Geschädigte nicht verpflichtet ist, eigenes Kapital zur Schadensbehebung einzusetzen. Nach ebenfalls stRsp hat der Geschädigte Anspruch auf Ersatz fiktiver Reparaturkosten, das sind die zur Instandhaltung notwendigen und angemessenen Kosten, gleichgültig, ob er die Reparatur tatsächlich durchführen lässt oder das Geld sonst wie verwendet; die fiktiven Reparaturkosten sind jedoch nicht in voller Höhe zu ersetzen, wenn sie höher sind als die objektive Wertminderung, weil eine darüber hinausgehende Leistung zu einer dem schadenersatzrechtlichen Ausgleichsgedanken widersprechenden Bereicherung des Geschädigten führen würde. Wird die Reparatur tatsächlich durchgeführt, dann steht dem Geschädigten grundsätzlich ein Anspruch auf die tatsächlichen Kosten zu. Der OGH hat bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass diese Grundsätze auch bei Anwendung des § 933a ABGB zu beachten sind. Nach hA ist der vom Schädiger zu leistende Vorschuss zweckgebunden sowie verrechenbar und kann bei Übermaß nach § 1435 ABGB zurückgefordert werden. Im vorliegenden Fall steht fest, dass die Kläger eine Sanierung des Daches beabsichtigen; sie haben damit bereits begonnen. Daher haben ihnen die Vorinstanzen zutreffend Deckungskapital (vorschussweise) zugesprochen. Bei der Höhe dieses notwendigen Deckungskapitals haben sich die Vorinstanzen an einem Sanierungskonzept des Sachverständigen orientiert. Diese Vorgangsweise ist nicht zu beanstanden. Die Beklagte meint, bei einer zum Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung erster Instanz bereits erfolgten Teilsanierung seien durch Sachverständigengutachten die bereits aufgewendeten und die mutmaßlich noch aufzuwendenden Kosten zu ermitteln. Sie übersieht dabei, dass die Vorinstanzen auf Sachverhaltsebene übereinstimmend davon ausgegangen sind, dass im Hinblick auf die lediglich teilweise Sanierung die endgültigen Sanierungskosten auch durch einen Sachverständigen noch nicht festgestellt werden könnten. Der Zuspruch der fiktiven Sanierungskosten in Höhe des vom Sachverständigen erarbeiteten Sanierungskonzepts durch die Vorinstanzen ist damit durchaus vertretbar.