01.10.2009 Zivilrecht

OGH: Unterhaltsbemessungsgrundlage bei unselbständigen Erwerbseinkünften

Bei einem unselbständig Erwerbstätigen ist als Unterhaltsbemessungsgrundlage - auch wenn er zusätzlich geringfügige Einkünfte aus Vermietung erzielt - lediglich das Nettoeinkommen maßgeblich


Schlagworte: Familienrecht, Unterhaltsbemessungsgrundlage, unselbständig Erwerbstätiger, Nettoeinkommen
Gesetze:

§ 140 ABGB

GZ 2 Ob 224/08t, 16.07.2009

Der auf Unterhaltszahlungen in Anspruch genommene Vater erzielt Einkünfte aus unselbständiger Erwerbstätigkeit sowie geringe Einkünfte aus der Vermietung einer Wohnung, jedoch kein Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit. Die Unterinstanzen zogen als Unterhaltsbemessungsgrundlage den privaten Geldverbrauch des Vaters heran, wobei sich vor allem die Überziehung des Girokontos und ein Privatkredit als die Bemessungsgrundlage erhöhend auswirkten.

OGH: Nach einhelliger Auffassung ist die Unterhaltsbemessungsgrundlage die Summe aller tatsächlich in Geld oder geldwerten Leistungen erzielten Einkünfte, über die der Unterhaltspflichtige verfügen kann (vgl § 140 ABGB). Bemessungsgrundlage für die Bestimmung des Unterhalts nach der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen ist bei unselbständig Erwerbstätigen das Nettoeinkommen, also das Bruttogehalt einschließlich Überstundenentlohnung und Sonderzahlungen vermindert um LSt und SV-Beiträge. Greift der Unterhaltspflichtige sein Vermögen an, um damit die Kosten der von ihm gewählten Lebensführung zu decken, ist insoweit auch das Vermögen in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen. Im vorliegenden Fall haben die Vorinstanzen zu den Nettoeinkünften jene Beträge hinzu addiert, die der Vater aus der Überziehung seines Girokontos und aus einem Privatkredit "lukrierte". Diese Vorgangsweise ist durch die Rsp des OGH nicht gedeckt und daher abzulehnen. Die Gleichsetzung des privaten Geldverbrauchs mit den den Reingewinn übersteigenden Privatentnahmen eines selbständig Erwerbstätigen ist verfehlt, wird doch mit letzteren der Stamm des Vermögens (nämlich die Unternehmenssubstanz) angegriffen. Dies trifft bei einem unselbständigen Erwerbstätigen, der sein Konto überzieht oder einen Privatkredit aufnimmt, gerade nicht zu. Die Rechtsansicht der Vorinstanzen gründet sich auf die Rsp zweitinstanzlicher Gerichte, wonach die Unterhaltsbemessungsgrundlage auch nach dem tatsächlichen Lebensaufwand des Unterhaltspflichtigen bestimmt werden kann. Danach soll es keine Rolle spielen, wodurch der Unterhaltspflichtige seinen Lebensaufwand finanziert (beispielsweise durch Kredite). Diese Auffassung vernachlässigt, dass den vermeintlichen Einkünften auf Grund von Kontoüberzügen und Kreditaufnahmen die vertragliche Pflicht zur Rückführung dieser Beträge gegenübersteht, die soweit sie erfüllt wird, dann wieder als die Unterhaltsbemessungsgrundlage verringernde Abzugspost berücksichtigt werden müsste. Dazu kommt, dass die Bestimmung der Unterhaltsbemessungsgrundlage nach dem Lebensaufwand auf jene Fälle beschränkt sein soll, in denen das Einkommen des Unterhaltspflichtigen nicht ermittelt werden kann, sein Lebensaufwand aber für ein bestimmtes Einkommen spricht. Diese Voraussetzung trifft auf den vorliegenden Fall aber nicht zu. Es hat daher weiterhin dabei zu bleiben, dass bei einem unselbständig Erwerbstätigen - auch wenn er zusätzlich geringfügige Einkünfte aus Vermietung erzielt - lediglich das Nettoeinkommen maßgeblich ist.