OGH: Fiktive Reparaturkosten - zum Schaden des Gewährleistungsberechtigten, wenn er den Mangel nicht beheben lassen will
Der Schaden des Gewährleistungsberechtigten besteht nur in der objektiven Wertminderung, wenn er den Mangel nicht beheben lassen will; er hat Anspruch auf Ersatz der Wertminderung und des daraus resultierenden sonstigen Nichterfüllungsschadens
§ 933a ABGB, § 1167 ABGB, §§ 1295 ff ABGB
GZ 1 Ob 109/09z, 06.07.2009
Der Kläger ist Eigentümer eines erstmals am 27. Juni 1986 zum Verkehr zugelassenen Campingbusses. Im Juni 2006 beauftragte der Kläger den Beklagten mit der Reparatur des Motors dieses Fahrzeugs, das bei einem Kilometerstand von 40.592 einen Wiederbeschaffungswert von ca 800 bis 1.200 EUR hatte und umfangreiche Rostschäden (ua an tragenden Teilen) aufwies. Der Beklagte führte diese Reparatur nicht fachgerecht durch, weil er für die Befestigung des Zahnriemenrads eine Schraube mit zu geringer Festigkeit verwendete. Das war Ursache für die komplette Beschädigung des Motors am 14. 4. 2007. Zu diesem Zeitpunkt hatte das Fahrzeug einen Kilometerstand von 67.804 und aufgrund der weiter fortgeschrittenen Rostschäden einen Zeitwert von nur mehr 200 EUR. Die Kosten für die Instandsetzung der Karosserie hätten den Zeitwert des Fahrzeugs erheblich überstiegen. Bereits aufgrund der Durchrostung war zum Zeitpunkt des Motorschadens von einem Totalschaden auszugehen.
Der Kläger begehrte für die erforderliche Reparatur des Motors fiktive Kosten von 6.041,39 EUR. Ergänzend stützte er seinen Anspruch auf die Verpflichtung des Beklagten, den bezahlten Werklohn für die unsachgemäße Reparatur iHv 3.507,37 EUR zurückzuzahlen.
OGH: Nach stRsp wird bei deliktischen Schadenersatzansprüchen der Anspruch auf fiktive Reparaturkosten abgelehnt, wenn sie die objektive Wertminderung übersteigen und das Unterbleiben der Reparatur feststeht. Mittlerweile wurde auch im Gewährleistungsrecht zu § 933a ABGB ausgesprochen, dass der Schaden des Gewährleistungsberechtigten nur in der objektiven Wertminderung besteht, wenn er den Mangel nicht beheben lassen will. Er hat Anspruch auf Ersatz der Wertminderung und des daraus resultierenden sonstigen Nichterfüllungsschadens.
Bei der offenkundigen Unwirtschaftlichkeit der Reparatur ist entgegen der Auffassung des Klägers, den grundsätzlich die Beweislast für die Durchführung der Reparatur trifft, eine positive Feststellung über die Absicht des Gewährleistungsberechtigten, den Schaden nicht beheben zu lassen, nicht zu fordern.
Nach Judikatur und Lehre steht dem Besteller bei einem unbrauchbaren Werk aus dem Titel des Schadenersatzes der Anspruch auf Rückerstattung des gesamten Werklohns zu.
Es ist zu bezweifeln, ob die Kosten für die Motorreparatur zur Gänze frustriert sind, wenn mit dem Fahrzeug nach der Reparatur in etwa zehn Monaten noch 27.212 km zurückgelegt werden konnten. Ohne Reparatur hätte der Kläger mit dem Fahrzeug überhaupt nicht fahren können. Der Ersatz der gesamten Reparaturkosten ist damit keinesfalls sachgerecht. Um das angemessene Ausmaß des Anspruchs zu bestimmen, sind Feststellungen zur "Lebensdauer" des Motors notwendig, die bei fachgerechter Reparatur und der voraussichtlichen Nutzung des Fahrzeugs zu erwarten gewesen wäre. Der geschädigte Kläger soll ja so gestellt werden, wie er bei ordnungsgemäßer Reparatur stünde. Es kommt darauf an, welchen Nutzen bzw wirtschaftlichen Wert ein mängelfrei reparierter Motor für den Kläger gehabt hätte. Zu berücksichtigen ist dabei auch das voraussichtliche Ergebnis der im Juni 2007 anstehenden Überprüfung nach § 57a KFG. Bei einem (voraussichtlich) negativen Ergebnis wäre die weitere Verwendung des Motors in diesem Fahrzeug ausgeschlossen gewesen. In diesem Fall wäre als wirtschaftlicher Nutzen/Vermögenswert zugunsten des Klägers der Verkaufswert des Motors anzusetzen.