OGH: Die Prüfung grundbücherlicher Eintragungen gem § 94 GBG
Es ist nicht Aufgabe des Grundbuchsgerichts eine Auslegung zu finden, die eine unklare Bedingung sinnvoll erscheinen lässt
§ 94 GBG
GZ 5 Ob 251/08k, 03.03.2009
OGH: Nach § 85 Abs 2 GBG ist im Begehren genau anzugeben, was im Grundbuch eingetragen werden soll. § 98 GBG verlangt, dass in den Beschlüssen, womit eine Eintragung bewilligt wird, die Grundbuchseinlagen zu bezeichnen sind, in denen die Eintragung erfolgen soll; ferner sind unter Beziehung auf die der Bewilligung zugrunde liegenden Urkunden die Personen, für die, und die Objekte, auf die die Eintragung erfolgen soll, endlich die einzutragenden Rechte nebst den wesentlichen Bestimmungen mit den in das Hauptbuch einzutragenden Worten anzuführen (§ 5 GBG). Der im § 98 GBG angeführte wesentliche Inhalt eines Grundbuchsbeschlusses ist auch für die Frage des Inhaltes des Grundbuchsgesuchs (§ 85 GBG) maßgebend. Ob ein Grundbuchsgesuch dem sich insbesondere aus § 85 Abs 2 GBG ergebenden Bestimmtheitsgebot entspricht, stellt typischerweise eine Frage des Einzelfalls dar.
Wenn die Anmerkung einer fideikommissarischen Substitution eingefordert wird, obwohl eine solche gar nicht vereinbart wurde, kommt eine klarstellende Formulierung der Eintragung abweichend vom Wortlaut des Antrags nicht in Frage.Dem Grundbuchsgericht ist die Auslegung einer undeutlichen und zu begründeten Zweifeln Anlass gebenden Urkunde verwehrt. Durch den Inhalt der vorgelegten Urkunden erweckte und nicht restlos beseitigte Zweifel haben daher zur Abweisung des Grundbuchsgesuchs zu führen. Eine Auslegung zu finden, die eine unklare "Bedingung" sinnvoll erscheinen lässt, ist nicht Aufgabe des Grundbuchsgerichts. Die Wahl einer Auslegung zwischen mehreren in Betracht kommenden Möglichkeiten ist dem Grundbuchsgericht verwehrt. Das Grundbuchsgericht hat sich außerdem bei der Prüfung eines Gesuchs auf die Auslegung des Wortlauts eines Vertrags zu beschränken. Auch § 32 Abs 1 lit a GBG normiert ein inhaltliches Erfordernis der Einverleibungsgrundlagen dahin, dass das von der Einverleibung betroffene Recht in der Grundbuchsurkunde so eindeutig und unmissverständlich bezeichnet werden muss, dass keinerlei Zweifel über den Inhalt der Erklärung aufkommen kann. Eine ergänzende oder gar vom Wortsinn der vorgelegten Grundbuchsurkunde abweichende Auslegung rechtsgeschäftlicher Erklärungen und eine solche, die wertend zwischen mehreren vernünftig in Betracht zu ziehenden Möglichkeiten abwägt, ist dem Grundbuchsgericht verwehrt. Das hindert es zwar nicht daran, aus Urkunden unmittelbare logische Schlussfolgerungen auf das nach juristischer Wertung einzig mögliche Ergebnis zu ziehen; in Spekulationen oder gar Beweisaufnahmen darüber, wie eine beurkundete Erklärung tatsächlich gewollt war, hat sich das Grundbuchsgericht aber nicht einzulassen. Diese Einschränkung der grundbuchsrichterlichen Kognitionsmöglichkeit und -befugnis gilt für jeden Aspekt der Prüfung eines Eintragungsbegehrens, also auch für die Wahrnehmung von Eintragungshindernissen.
Da es nicht Aufgabe des Grundbuchsgerichts ist, eine Auslegung zu finden, die eine unklare Bedingung sinnvoll erscheinen lässt, stellt eine derartige Unklarheit einen Abweisungsgrund nach § 94 Abs 1 Z 3 GBG dar. Die Prüfung allfälliger weiterer Abweisungsgründe kann unterbleiben, weil die Wiederholung des Grundbuchsgesuchs wegen einer dem zu beurteilenden Grundbuchsgesuch zugrundeliegenden mangelhaften Urkunde nicht in Betracht kommt.