05.02.2009 Zivilrecht

OGH: § 95 EheG - außergerichtliche Vergleichsgespräche hemmen Ablauf der Jahresfrist

Außergerichtliche Vergleichsgespräche bewirken eine Hemmung des Ablaufs der Frist des § 95 EheG, sofern nur der Aufteilungsantrag nach Abbruch der Vergleichsverhandlungen ohne unnötigen Aufschub eingebracht wird


Schlagworte: Eherecht, Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und ehelicher Ersparnisse, Hemmung des Ablaufs der Jahresfrist durch Vergleichsverhandlungen, Aufteilungsantrag ohne unnötigen Aufschub nach Scheitern der Vergleichsverhandlungen
Gesetze:

§ 1497 ABGB, § 81 ff EheG, § 95 EheG

GZ 3 Ob 205/08f, 19.11.2008

Die Ehe der Streitteile wurde im Jahr 2005 geschieden. In der Folge gab es Schriftverkehr zwischen den Rechtsvertretern der früheren Eheleute, der die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse sowie Unterhaltsforderungen thematisierte. Im Jahr 2007 langte ein von der Antragstellerin gestellter Antrag auf Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse bei Gericht ein.

OGH: Gem § 95 EheG erlischt der Anspruch auf Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse, wenn er nicht binnen einem Jahr nach Eintritt der Rechtskraft der Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklärung der Ehe durch Vertrag oder Vergleich anerkannt oder gerichtlich geltend gemacht wird. Bei dieser Frist handelt es sich um eine materiell-rechtliche Fallfrist, auf die die allgemeinen Verjährungsbestimmungen analog anzuwenden sind.

Für die Anwendung von Hemmung und Unterbrechung auf die Frist des § 95 EheG spricht, dass außergerichtliche Vergleichsverhandlungen über die Aufteilung des Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse nicht dadurch behindert werden sollen, dass zur Wahrung der Frist ein Antrag bei Gericht gestellt werden müsse, weil damit eine nicht erstrebenswerte und kostenintensive Zweigleisigkeit zwischen außergerichtlichen Verhandlungen und dem gerichtlichen Verfahren nach den §§ 81 ff EheG entstünde.

Außergerichtliche Vergleichsgespräche bewirken somit eine Hemmung des Ablaufs der Frist des § 95 EheG, sofern nur der Aufteilungsantrag nach Abbruch der Vergleichsverhandlungen ohne unnötigen Aufschub eingebracht wird. Nach einhelliger Rechtsprechung und Lehre reicht es für die Annahme von Vergleichsverhandlungen aus, dass der Gläubiger seine Ansprüche anmeldet und der Schuldner eine Stellungnahme abgibt, in der er den Anspruch nicht vollständig ablehnt.

Der Zeitpunkt, wann Vergleichsverhandlungen abgebrochen sind, richtet sich danach, wann bei objektiver Beurteilung des Verhaltens des Gegners zu erkennen ist, dass weitere Vergleichsversuche aussichtslos sind.