08.01.2009 Zivilrecht

OGH: Nachbarrecht - Anspruch nach § 364 Abs 2 ABGB nicht verjährbar

Der Beseitigungsanspruch nach § 364 Abs 2 ABGB ist - als Anwendungsfall der negatorischen Eigentumsklage - grundsätzlich nicht verjährbar


Schlagworte: Nachbarrecht, Anspruch auf Unterlassung unmittelbarer Zuleitung nicht verjährbar
Gesetze:

§ 364 ABGB, § 1459 ABGB, § 1479 ABGB

GZ 1 Ob 47/08f, 21.10.2008

Die Kläger sind Miteigentümer eines - in Hanglage - unterhalb jenem der Beklagten gelegenen Grundstücks. Sie begehren Unterlassung der unmittelbaren Ableitung von Meteorwässern in der Art, dass diese in Garage und Keller ihres Grundstückes eindringen. Die Beklagten wenden "Verjährung, Verschweigung bzw Präklusion" des Unterlassungsanspruchs ein, zumal die Kläger seit mehr als dreißig Jahren Kenntnis vom Umstand des Abfließens von Niederschlagswässern gehabt und keinerlei Maßnahmen zur Hintanhaltung gesetzt hätten.

OGH: Gem § 1479 ABGB erlöschen alle Rechte gegen einen Dritten, mögen sie den öffentlichen Büchern einverleibt sein oder nicht, in der Regel längstens durch den dreißigjährigen Nichtgebrauch oder durch ein so lange Zeit beobachtetes Stillschweigen. Nach hL und Rsp ist jedoch das Eigentumsrecht unverjährbar, damit auch die Eigentumsklage. Die Klage nach § 364 Abs 2 ABGB ist ein Anwendungsfall der negatorischen Eigentumsklage.

Rechtsverlust könnte nur durch Ersitzung entsprechender Rechte durch andere Personen oder durch eine konkludente Zustimmung der Kläger zu den ihre Rechte an sich beeinträchtigenden Maßnahmen der Beklagten eintreten.

Im vorliegenden Fall käme - theoretisch - die Ersitzung des Rechts der Wasserableitung durch die Beklagten in Betracht, zumal private Vermögensrechte, die Gegenstand des Besitzes sein können - in erster Linie Eigentum und Dienstbarkeiten - Gegenstand der Ersitzung nach § 1455 ABGB sind. Diesbezüglich fehlt es jedoch schon an einem Vorbringen der Beklagten.

Davon, dass die Kläger der Wasserableitung durch die Beklagten auf ihren Grund vorbehaltlos und für immer zugestimmt hätten, weil sie trotz der Beeinträchtigungen nicht den Klageweg beschritten, kann bei vernünftiger Wertung keine Rede sein. Gem § 1459 ABGB unterliegen die Rechte eines Menschen über seine Handlungen und über sein Eigentum, zB eine Ware da oder dort zu kaufen, seine Wiesen oder sein Wasser zu benutzen, außer dem Fall, dass das Gesetz mit der binnen einem Zeitraum unterlassenen Ausübung ausdrücklich den Verlust derselben verknüpft, keiner Verjährung. Hat aber eine Person der andern die Ausübung eines solchen Rechts untersagt oder sie daran "verhindert", so fängt der Besitz des Untersagungsrechts von Seite der einen gegen die Freiheit der andern von dem Augenblick an, als sich diese dem Verbote oder der Verhinderung gefügt hat, und es wird dadurch - wenn alle übrigen Erfordernisse eintreffen - die Verjährung oder die Ersitzung bewirkt.

Im hier zu beurteilenden Fall kann weder von einem Untersagen einer Rechtsausübung, noch von einer diesbezüglichen Verhinderung die Rede sein. Der gegenständliche Beseitigungsanspruch nach § 364 Abs 2 ABGB ist daher - als Anwendungsfall der negatorischen Eigentumsklage - grundsätzlich nicht verjährbar.