11.12.2008 Zivilrecht

OGH: KFZ-Haftpflicht - ist der in Art 8 Punkt 2. AKHB 2004 vorgesehene Risikoausschluss auf unmittelbare Schäden an den mit dem versicherten Fahrzeug beförderten Sachen eingeschränkt oder umfasst dieser darüber hinausgehend auch mittelbare, aus einer Beschädigung oder Zerstörung solcher Sachen resultierende Schäden?

Der Risikoausschluss des Art 8 Punkt 2. der AHVB 2004 schließt sowohl Schäden, die unmittelbar durch Beschädigung, Zerstörung oder Abhandenkommen der beförderten Sachen entstanden sind, als auch Folgeschäden, die auf die Beschädigung (usw) transportierter Sachen zurückzuführen sind, ein


Schlagworte: Versicherungsrecht, Haftpflichtversicherung, Risikoausschluss, unmittelbare / mittelbare Schäden
Gesetze:

Art 8 Punkt 2. der AHVB 2004

GZ 7 Ob 197/08h, 24.09.2008

Art 8 der Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung (AKHB 2004)lautet auszugsweise:"Was ist nicht versichert? (Risikoausschlüsse)Der Versicherungsschutz umfasst nicht1. [...]2. Ersatzansprüche wegen Beschädigung, Zerstörung oder Abhandenkommens des versicherten Fahrzeugs und von mit dem versicherten Fahrzeug beförderten Sachen, mit Ausnahme jener, die mit Willen des Halters beförderte Personen üblicherweise an sich tragen oder, soferne die Fahrt überwiegend der Personenbeförderung dient, als Gegenstände des persönlichen Bedarfs mit sich führen; dies gilt nicht für das nicht gewerbsmäßige Abschleppen betriebsunfähiger Fahrzeuge im Rahmen üblicher Hilfeleistung;[...].

OGH: Wie der OGH mehrfach ausgesprochen hat, dürfen Risikoausschlüsse als Ausnahmetatbestände, die die vom Versicherer übernommene Gefahr einschränken oder ausschließen, nicht weiter ausgelegt werden, als es ihr Sinn unter Betrachtung ihres wirtschaftlichen Zwecks und der gewählten Ausdrucksweise sowie des Regelungszusammenhangs erfordert. Risikoeinschränkende Klauseln besitzen in dem Maß keine Vertragskraft, als deren Verständnis von einem Versicherungsnehmer ohne juristische Vorbildung nicht erwartet werden kann. Maßgebend ist also stets, wie der juristisch nicht gebildete Versicherungsnehmer den Ausschluss im Lichte seines erkennbaren Zwecks verstehen musste.

Wendet man diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall an, ist der Rechtsansicht der Vorinstanzen, der Risikoausschluss des Art 8 Punkt 2. der AHVB 2004 beschränke sich nicht nur auf unmittelbare Schäden am Ladegut des versicherten Fahrzeugs selbst, sondern umfasse auch Folgekosten solcher Schäden, wie insbesondere die gegenständlichen Entsorgungskosten (das Ladegut - 24 Tonnen Plastikgranulat - wurde durch Mineralöle verunreinigt und musste als Sondermüll entsorgt werden), beizupflichten. Dafür spricht va die Wortinterpretation (grammatikalische Auslegung) der Klausel. Deren Formulierung, vom Versicherungsschutz nicht umfasst seien Ersatzansprüche "wegen Beschädigung, Zerstörung oder Abhandenkommens ... von mit dem versicherten Fahrzeug beförderten Sachen", schließt sowohl Schäden, die unmittelbar durch Beschädigung, Zerstörung oder Abhandenkommen der beförderten Sachen entstanden sind, als auch Folgeschäden, die auf die Beschädigung (usw) transportierter Sachen zurückzuführen sind, ein. Warum ein durchschnittlich versierter Versicherungsnehmer, der mit der Klausel konfrontiert ist, dies anders sehen und die Klausel einschränkend dahin interpretieren sollte, dass der Risikoausschluss nur unmittelbare Schäden betreffe, ist nicht zu erkennen.

Der Maßfigur des durchschnittlich versierten, juristisch nicht gebildeten Versicherungsnehmers ist hinsichtlich der Unterscheidung zwischen Haftpflicht- und Kaskoversicherung ein Verständnis zuzusinnen, das im Wesentlichen nicht darüber hinausgeht, dass die KFZ-Haftpflichtversicherung Fremdschäden, die KFZ-Kaskoversicherung hingegen in der Sphäre des Versicherungsnehmers selbst auftretende Schäden deckt.