16.10.2008 Zivilrecht

OGH: Gerichtliche Hinterlegung der Schuld - Vorrang der Bestellung eines Nachtragsliquidators

Ist ein Übernahmsberechtigter leicht auffindbar (hier durch Bestellung eines Nachtragsliquidators), liegt kein Grund vor, der einen Gerichtserlag iSd § 2 Abs 2 des BG über die Einziehung gerichtlicher Verwahrnisse iVm § 1425 ABGB rechtfertigen könnte; die Bestellung eines Nachtragsliquidators hat gegenüber einer gerichtlich angeordneten Verwahrung Vorrang


Schlagworte: Gerichtliche Verwahrung, Vertreter, Nachtragsliquidator, Nachtragsliquidation
Gesetze:

§ 2 Abs 2 Bundesgesetz über die Einziehung gerichtlicher Verwahrnisse BGBl 1963/281, § 1425 ABGB

GZ 6 Ob 105/08x, 07. 07. 2008

OGH: Wurde im Zuge eines Strafverfahrens Vermögen beschlagnahmt, das nach Einstellung des Verfahrens an die Eigentümerin (GmbH) zurückzustellen ist, hat das Strafgericht in einem Erlagsgesuch einen tauglichen Hinterlegungsgrund darzutun, wenn Verwahrnisse nicht ausgefolgt werden können (§ 2 Abs 2 Bundesgesetz über die Einziehung gerichtlicher Verwahrnisse, § 1425 ABGB). Ist ein Übernahmsberechtigter leicht auffindbar, liegt kein Grund vor, der einen Gerichtserlag iSd § 2 Abs 2 des BG über die Einziehung gerichtlicher Verwahrnisse iVm § 1425 ABGB rechtfertigen könnte. Eine im Firmenbuch gelöschte GmbH besteht so lange fort, als noch Aktivvermögen vorhanden ist (deklarative Wirkung der Löschung im Firmenbuch). Stellt sich nachträglich heraus, dass die Gesellschaft noch vertretbares bzw verwertbares Vermögen hat, hat eine Nachtragsliquidation stattzufinden. Die Bestellung eines Nachtragsliquidators hat also gegenüber einer gerichtlich angeordneten Verwahrung Vorrang, weil die im Gesetz angeordnete Verständigung des Gläubigers von der Hinterlegung jedenfalls dann gegen eine sofortige gerichtliche Verwahrung spricht, wenn die Bestellung eines zur Entgegennahme des (zu verwahrenden) Gegenstandes befugten Vertreters (etwa eines Nachtragsliquidators) ein Vorgehen nach § 1425 ABGB von Vornherein vermieden hätte und keine besonderen Umstände vorliegen, die seine Bestellung unzumutbar machen.