OGH: Anlageberater und Haftung
Ein Anlageberater ist grundsätzlich gem § 1313a ABGB als Erfüllungsgehilfe seinem Geschäftsherrn zuzurechnen; aus der Vereinbarung zwischen dem Anlageberater und seinem Geschäftsherrn ist keine Schutzwirkung zugunsten des Kunden des Anlageberaters abzuleiten; scheidet die Eigenhaftung des Erfüllungsgehilfen eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens aus, so sind dessen allenfalls vorliegende Sorgfaltsverstöße im Rahmen seiner Tätigkeit ohne Belang für die Beurteilung des Schadens einer Anlegerin
§§ 1295 ff ABGB, § 19 Abs 2a WAG
GZ 6 Ob 249/07x, 21.02.2008
Die Klägerin hat im Jahre 2000 mit dem beklagten Anlageberater zwei Vermögensmanagementverträge zur Optimierung ihrer bisherigen Versicherungsverträge abgeschlossen. Der Beklagte arbeitete damals seit 20 Jahren als Versicherungs- sowie Finanzberater. Dies einerseits gemeinsam mit einem Makler sowie andererseits mit einem von Banken und Versicherungsunternehmen unabhängigen Wertpapierdienstleistungsunternehmen, der AMV, als dessen Vertriebspartner. Nachdem der Beklagte in einem ersten Gespräch auf seine zwanzigjährige Berufserfahrung hingewiesen und im Rahmen eines weiteren Beratungstermins unter Vorlage seiner Legitimationsurkunde, die ihn als zum Vertrieb von AMV-Produkten berechtigt auswies, sein Finanzkonzept aus der Produktpalette der AMV/AMIS vorstellte hatte, hat diese beim dritten Termin einen Antrag auf Abschluss eines Vermögensmanagementvertrags für den AMV-Generationsplan unterfertigt. Auf Basis einer zehnjährigen Veranlagung stellte der Beklagte der Klägerin Renditen von 8 bis15 % bei geringem Risiko in Aussicht. Das Investitionsvolumen betrug zunächst S 500.000.- und erhöhte sich später um weitere S 300.000.-. Als die Klägerin Ende 2000 aus den von der AMIS zugesandten Unterlagen auf Kursverluste aufmerksam wurde, wandte sie sich an ihren Finanzberater, der sie jedoch mit Verweis auf die zehnjährige Laufzeit vom weiterhin zu erwartenden Erfolg des Anlageproduktes überzeugte. Solche Gespräche fanden auch in den Jahren 2002, 2003 und 2004 statt bis die Klägerin schließlich im Jahre 2005 aus den Medien erfuhr, dass der Vorstand der AMIS Gelder veruntreut hatte.
OGH: Für einen Anlageberater haftet grundsätzlich jenes Wertpapierdienstleistungsunternehmen gem § 1313a ABGB, das sich seiner zur Erbringung von Wertpapierdienstleistungen bedient hat. Nur in ganz seltenen Ausnahmefällen ist von der Eigenhaftung des Anlageberaters auszugehen, weil zu ihm eine besondere Vertrauensbeziehung bzw ein Verwandtschaftsverhältnis bestanden hat oder er auf besonders missionarische Weise und mit religiösem Eifer eine bestimmte Anlageform angepriesen hat. Wer hingegen urkundlich nachweist, dass er zum Vertrieb von Anlageprodukten eines Vermögensverwalters berechtigt ist, handelt in fremdem Namen. Dies selbst dann, wenn er gegenüber seinem Kunden angibt, selbständig tätig zu sein. Sein Verhalten kann bloß dann nicht einem Geschäftsherrn zugerechnet werden, wenn er ein ausgeprägtes eigenwirtschaftliches Interesse am Vertragsabschluss hat oder wenn er im Zuge der Vertragsverhandlungen in besonderem Maße persönliches Vertrauen in Anspruch nimmt. Ebenso wenig kann die persönliche Haftung des beklagten Anlageberaters auf seinen Hinweis, die Anlage sei eine sichere Sache gegründet werden. Daher ist der Anlageberater grundsätzlich gemäß § 1313a ABGB als Erfüllungsgehilfe seinem Geschäftsherrn zuzurechnen. Dies gilt unabhängig davon, ob der Beklagte die Voraussetzungen des § 19 Abs 2a WAG idF Art II Z 5 BGBl 1999/63 erfüllte, handelt es sich dabei doch um eine bloße Klarstellung, die die allgemeine zivilrechtliche Rechtslage wiedergibt.
Der Beklagte hat auch keineswegs seine Beratungspflichten verletzt. Der Schaden der Klägerin ist die Folge der Veruntreuung durch die Geschäftsherrin des Beklagten gewesen; die Nachforschungspflichten eines Anlageberaters umfassen aber keinesfalls auch die Aufklärung über ein derartiges abstraktes Schadensrisiko, es verwirklicht sich hierin lediglich ein allgemein bekanntes Lebensrisiko der Fremdveranlagung durch einen Dritten.
Letztlich kann auch aus der Vereinbarung zwischen dem Anlageberater und seinem Geschäftsherrn keine Haftung des beklagten abgeleitet werden, weil sie nach herrschender Meinung keine Schutzwirkung zu Gunsten des Kunden entfaltet.