17.04.2008 Zivilrecht

OGH: EKHG - Anrechnung des (Mit-)Verschuldens des Lenkers auf die Ansprüche des Fahrzeughalters?

Wird der Fahrzeughalter als Insasse des von ihm gehaltenen Kraftfahrzeuges bei einem Verkehrsunfall verletzt, so muss er sich - anders als ein Fahrgast, der nicht Beteiligter iSd §§8 und 11 EKHG ist - auf seinen Ersatzanspruch das Verschulden des Lenkers anrechnen lassen


Schlagworte: Schadenersatzrecht, EKHG, Halter, Insasse, Beteiligte, Verschulden
Gesetze:

§ 8 EKHG, § 11 EKHG, § 19 Abs 2 EKHG

GZ 2 Ob 32/07f, 29.11.2007

Die Klägerin macht geltend, das Berufungsgericht habe ihren Schmerzengeldanspruch zu Unrecht um die dem Lenker ihres Fahrzeuges angelastete Mitverschuldensquote gekürzt. Hinsichtlich dieses Anspruches, der in keinem Zusammenhang mit ihrer Eigenschaft als Halterin des Klagsfahrzeuges stehe, sei sie ausschließlich als Insassin eines der beiden unfallsbeteiligten Fahrzeuge anzusehen. Nach ständiger Rechtsprechung müsse sich der verletzte Insasse eines Fahrzeuges das Verschulden des Lenkers aber nicht auf seine Ansprüche gegen den Unfallsgegner anrechnen lassen.

OGH: Wurde der Schaden durch mehrere Kraftfahrzeuge verursacht, so kann der Geschädigte gem § 8 Abs 1 EKHG seine Ersatzansprüche gegen jeden an dem Unfall Beteiligten richten, soweit nicht dessen Haftung nach den für seine Ersatzpflicht geltenden Vorschriften ausgeschlossen ist. § 8 Abs 2 EKHG sieht die gesamtschuldnerische Haftung aller am Unfall Beteiligten gegenüber dem Geschädigten vor. Voraussetzung für die Anwendbarkeit dieser Bestimmung ist, dass der Geschädigte selbst nicht zum Kreis der aus Anlass des Unfalles haftpflichtigen Beteiligten zählt; dies trifft in der Regel auf einen bei dem Unfall verletzten Fahrgast zu. Ein solcher Fahrgast muss sich das Verschulden des Lenkers nicht auf seine Ansprüche gegen den Unfallsgegner anrechnen lassen.

Im vorliegenden Fall ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Klägerin Insassin eines von ihr selbst gehaltenen Kraftfahrzeuges war. Als Halterin steht sie aber nicht mehr außerhalb des Kreises der Beteiligten iSd § 8 EKHG, weshalb diese Bestimmung auf ihre Ansprüche nicht anzuwenden ist. Der Anspruch der Klägerin fällt vielmehr in den Anwendungsbereich des § 11 Abs 1 Satz 2 EKHG, der die gegenseitige Ersatzpflicht der Beteiligten betrifft. Ist der Geschädigte Halter des Fahrzeuges, ist ihm das Verschulden des Lenkers oder sonstiger beim Betrieb des Fahrzeuges tätiger Personen zuzurechnen. Dies ergibt sich aus § 19 Abs 2 EKHG, der nach einhelliger Auffassung in Rechtsprechung und Lehre nicht nur für Ansprüche des Unfallgegners, sondern auch für die Minderung eigener Ansprüche des Halters wegen eines Mitverschuldens des Lenkers maßgeblich ist. Die analoge Anwendung des § 19 Abs 2 EKHG bedingt, dass der Halter das Verschulden seines Betriebsgehilfen (des Lenkers) bei der Geltendmachung eigener Ansprüche im selben Maße wie im Falle seiner Haftung gegenüber anderen Beteiligten zu vertreten hat. Eine Unterscheidung nach Sach- und Personenschäden kommt daher nicht in Betracht.