OGH: Abbildung eines Prominenten auf einer Briefmarke und Verwendungsanspruch des Erben
Verwendet die Post das Bild einer verstorbenen, der Öffentlichkeit durch ihre Leistungen bekanntgewordenen Persönlichkeit auf einer Briefmarke, mit der an die Person ehrend iZm ihrer, die Popularität begründenden Tätigkeit und aus besonderem Anlass erinnert wird, so greift dies auch dann nicht in vermögensrechtlich geschützte Interessen des Erben ein, wenn die vermögenswerten Bestandteile des Persönlichkeitsrechts des Erblassers auf ihn im Erbweg übergegangen wären; der Erbe hat in diesem Fall keinen Verwendungsanspruch
§ 1041 ABGB
GZ 6 Ob 57/06k, 07.11.2007
Der Kläger ist der Sohn des verstorbenen Fußballtrainers Ernst Happel. Die Beklagte brachte die Sonderbriefmarke mit der Aufschrift "Österreichs bester Fußballtrainer Ernst Happel" und einem Bild Ernst Happels zum Nennwert von 1 EUR in einer Auflage von 500.000 Stück samt Lebenslauf des Abgebildeten und Ersttagsbrief heraus. Die Briefmarke wurde und wird - ua auch über das Internet - von der Beklagten umfassend und nachhaltig vertrieben.
Der Kläger stimmte der Herausgabe dieser Briefmarke nicht zu. Der Kläger begehrt mit seiner Klage von der Beklagten die Zahlung von 100.000 EUR sA. Die Beklagte benutze durch die Herausgabe und den Vertrieb der Sondermarke und der begleitenden Produkte den geldwerten Bekanntheitsgrad seines Vaters, um dadurch einen Nutzen zu erzielen. Der geldwerte Bekanntheitsgrad sei eine Sache iSd § 1041 ABGB. Er gehöre demgemäß auch zum Nachlass und sei vererblich. Als Gesamtrechtsnachfolger Ernst Happels stehe dem Kläger ein dem verschafften Nutzen angemessenes Entgelt zu.
OGH: Werden durch die Veröffentlichung eines Personenbildnisses nur wirtschaftliche Interessen des Abgebildeten beeinträchtigt, dann liegt mangels Verletzung eines Persönlichkeitsrechts kein Verstoß gegen § 78 UrhG vor. Die wirtschaftlichen Interessen des Abgebildeten werden durch § 1041 ABGB gewahrt. Der geldwerte Bekanntheitsgrad einer Persönlichkeit, wie eines bekannten Sportlers oder eines berühmten Sängers, ist eine Sache im Sinn dieser Gesetzesbestimmung. Wird diese Sache ohne Geschäftsführung zum Nutzen eines anderen verwendet, so steht dem davon Betroffenen ein Verwendungsanspruch zu.
§ 1041 ABGB bezeichnet den Eigentümer der Sache als Anspruchsberechtigten. Damit wird ausgedrückt, dass jener anspruchsberechtigt ist, dem das verwendete Rechtsgut ausschließlich zugewiesen ist. Eine solche Zuweisung bewirken insbesondere absolute Rechte, also auch die Persönlichkeitsrechte. "Verwendung" ist demnach jede dem Zuweisungsgehalt dieses Rechts widersprechende Nutzung.
Die höchstgerichtliche Rechtsprechung bejaht implizit eine vermögensrechtliche Zuweisung von Persönlichkeitsrechten, wenn sie populären Persönlichkeiten bei Ausnutzung von Merkmalen ihrer Persönlichkeit einen Verwendungsanspruch gewährt. Sie legt zu Grunde, dass der Abbildung, dem Namen und sonstigen Merkmalen der Persönlichkeit (wie etwa der Stimme) ein bedeutender wirtschaftlicher Wert zukommen kann, der in der Regel darauf beruht, dass eine Persönlichkeit in der Öffentlichkeit - meist durch besondere Leistung etwa auf sportlichem oder künstlerischem Gebiet - in der Öffentlichkeit hervorgetreten ist und damit Bekanntheit und Ansehen gewonnen hat. Diese Popularität und ein damit verbundenes Image kann die Persönlichkeit wirtschaftlich verwerten, indem sie Dritten gegen Entgelt gestattet, ihr Bild, ihren Namen oder andere Persönlichkeitsmerkmale, die ein Wiedererkennen ermöglichen, kommerziell - etwa in der Werbung - zu nutzen. Da das Bild einer Persönlichkeit ein Merkmal dieser Person ist, kann der "geldwerte Bekanntheitsgrad" als vermögensrechtlicher Bestandteil eines aus § 16 ABGB ableitbaren Persönlichkeitsrechts betrachtet werden, der bereicherungsrechtlichen Schutz genießt.
Eingriffe in die Persönlichkeitsrechte werden im Rahmen ihres Schutzbereichs sanktioniert, der auch durch Abwägung widerstreitender Interessen abgesteckt werden muss.
Die Beklagte hat sich im Ergebnis auf ein schutzwürdiges Publikationsinteresse berufen. Sie wollte mit dem Vertrieb der Briefmarke den Abgebildeten als Österreichs bedeutendsten Fußballtrainer im Zusammenhang mit dem Jubiläum des Österreichischen Fußballbundes ehren. Das schutzwürdige Publikationsinteresse ist zu bejahen, wurde doch das Bild Ernst Happels schon auf der Marke allein in einen für den Betrachter durch die Worte "Österreichs bester Fußballtrainer" unübersehbaren Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Fußballtrainer gestellt. Diese Form der Gestaltung ist für sich allein schon geeignet, in prägnanter Form über Verdienste und Person des Verstorbenen zu informieren. Hinzu kommt noch die Publikation des Lebenslaufes des Abgebildeten.
Dem schutzwürdigen Publikationsinteresse steht nicht entgegen, dass die Briefmarke mit dem Bild Ernst Happels auch gesammelt wird. Sie erinnerte zwölf Jahre nach dem Tod des Abgebildeten aus besonderem Anlass an Person und Verdienste Ernst Happels und hatte so gerade durch ihre Gestaltung Informationswert auch als Sammlerobjekt. Das Bildnis Ernst Happels auf der Briefmarke ist nicht entstellend; es betrifft den Bereich, in dem er nach seiner Tätigkeit als Fußballspieler einer breiten Öffentlichkeit bekannt war, und nicht den privaten. Die Beklagte verwendete das Bild auch nicht zu Werbezwecken. Als berechtigtes Interesse des Klägers kommt nur in Betracht, als Sohn und Erbe über die wirtschaftliche Nutzung des Bildes des Verstorbenen bestimmen zu können. Dieses kann im vorliegenden Fall nur insoweit erheblich sein, wenn die Beklagte durch ihr Vorgehen den Verstorbenen in einer unangemessenen Weise zum Gegenstand ihrer wirtschaftlichen Interessen gemacht hätte. Davon kann hier nicht die Rede sein. Gewiss verfolgt die Beklagte mit der Herausgabe und Verbreitung der Briefmarke im Rahmen ihres Unternehmens auch eigenwirtschaftliche Ziele. Dies schlägt aber nicht zu Lasten ihres schutzwürdigen Publikationsinteresses aus. Bildveröffentlichungen in Medien aller Art dienen regelmäßig geschäftlichen Interessen des Medieninhabers und müssen vom Abgebildeten hingenommen werden, wenn ein Verstoß gegen § 78 UrhG nicht vorliegt. Bei einer Bildveröffentlichung, wie sie hier vorliegt, ist keine rechtlich geschützte Position anzuerkennen, die einem Erben die angestrebte finanzielle Beteiligung am Vertrieb der Briefmarken mit dem Bild des Verstorbenen sichert, dessen Persönlichkeit über den Tod hinaus geschützt wird (postmortales Persönlichkeitsrecht).