22.10.2007 Zivilrecht

OGH: Aus dem Beförderungsvertrag treffende Verkehrssicherungspflicht von Beförderungs-Unternehmen (in concreto: U-Bahn)


Schlagworte: Schadenersatzrecht, Verkehrssicherungspflichten, Beförderungsunternehmen, aktive Schadensabwehr
Gesetze:

§§ 1295 ff ABGB

In seinem Beschluss vom 28.08.2007 zur GZ 5 Ob 145/07w hat sich der OGH mit den Verkehrssicherungspflichten befasst:

OGH: Es entspricht stRsp, dass das Beförderungsunternehmen aus einem Beförderungsvertrag die Nebenverpflichtung trifft, das körperliche Wohlbefinden des Beförderten nicht zu verletzen, und dass es zu dieser Pflicht auch gehört, Zugänge oder Abgänge zu bzw von den Verkehrsmitteln in einem Zustand zu erhalten, der die gefahrlose Benützung durch die Fahrgäste gewährleistet. Aus der das Beförderungsunternehmen treffenden Verkehrssicherungspflicht resultiert auch die Aufgabe, bei Auftreten von Glatteis im Bereich von Haltestellen entsprechende Maßnahmen zur Beseitigung der daraus für die Fahrgäste erwachsenden Gefahren zu treffen. Das gilt für die gesamten, den Fahrgästen zur Verfügung gestellten Anlagen, insbesondere auch für jene Teile einer Straße, von denen aus die Fahrgäste die Verkehrsmittel betreten bzw auf die sie beim Aussteigen gelangen. Dazu gehört insbesondere die Verpflichtung zur Säuberung der Betriebsanlagen von Schnee und Eis. Der OGH hat bereits ausgesprochen, dass von dieser Verkehrssicherungspflicht auch Eisengitter im Ausgangsbereich einer U-Bahn umfasst sind, weil diese mit der gesamten U-Bahnstation als Einheit betrachtet werden, wenn die zu befördernden Personen zwangsläufig beim Betreten oder Verlassen des U-Bahnbereichs ein solches Eisengitter überschreiten müssen. Es besteht daher für die beklagte Partei die Nebenverpflichtung aus dem Beförderungsvertrag, solche Eisengitter so zu gestalten und erhalten, dass den Fahrgästen eine gefahrlose Benützung beim Überschreiten dieser Gitter möglich ist.

Der U-Bahnbenützer musste beim Betreten oder Verlassen der U-Bahn das an deren Ende gelegene Gitter, dass die ganze Ausgangsbreite einnimmt, überschreiten. Damit gehört es funktionell zum U-Bahnbereich und ist von der vertraglichen Verkehrssicherungspflicht umfasst.

Weil die Beklagte zur aktiven Schadensabwehr verpflichtet ist, hat sie aber auch geeignete Maßnahmen für eine rechtzeitige Gefahrenerkennung zu setzen. Welche konkreten Witterungsverhältnisse jeweils Eisbildung auf den Ausgangsgittern der U-Bahnhöfe begünstigen und daher konkrete Maßnahmen zur Schadensabwehr gebieten, unterliegt ebenso der Beurteilung im Einzelfall wie die Frage, welche Maßnahmen sich dafür als geeignet erweisen.

Dass die Einhaltung verwaltungsbehördlicher Vorschriften nicht von Schadenshaftung befreit, sondern nur Mindestanforderungen an die vom Verantwortlichen zu treffenden Sicherheitsvorkehrungen umreißen, entspricht stRsp.