OGH: Eine unzumutbare Beeinträchtigung iSd § 364 Abs 3 ABGB ist immer mehr als eine wesentliche Beeinträchtigung iSd § 364 Abs 2 leg cit
§ 364 Abs 3 ABGB
In seinem Erkenntnis vom 14.08.2007 zur GZ 1 Ob 62/07k hat sich der OGH mit § 364 Abs 3 ABGB befasst:
Die Kläger begehren - gestützt auf § 364 Abs 3 ABGB - die Unterlassung der massiven Beschattung (auf Grund 10 bis 12 Meter hoher Bäume) ihres Grundstücks. Der an das Grundstück der Beklagten angrenzende Gartenbereich sei ab 14 Uhr beschattet, der Terrassenbereich ab 15 Uhr, und der Schwimmbadbereich ab 16 Uhr.
Die Grundstücke befinden sich in einem "sehr begrünten" Villenviertel mit starkem Baumwuchs.
Dazu der OGH: Die im § 364 Abs 2 ABGB genannten Immissionen können dem Nachbarn bereits dann untersagt werden, wenn sie die ortsübliche Benutzung des Grundstücks wesentlich beeinträchtigen. Dem gegenüber normiert § 364 Abs 3 Satz 1 ABGB die Notwendigkeit einer "Unzumutbarkeit" der Beeinträchtigung. Die Gesetzesmaterialien begründen diese Differenzierung zu Abs 2 damit, dass negative Immissionen (also va der Schattenwurf, aber auch die Beeinträchtigung der Durchlüftung eines Grundstücks) in aller Regel weniger schwer wiegen als positive Einwirkungen, weshalb an sie, damit sie den selben Grad an Beeinträchtigung erreichen, ein strenger Maßstab angelegt werden muss. Eine unzumutbare Beeinträchtigung ist daher immer mehr als eine wesentliche Beeinträchtigung.
Nach Kerschner (aaO) wäre ein eindeutiger Fall der unzumutbaren Beeinträchtigung etwa jener, dass zeitlich und räumlich überwiegend (über 50 %) kein Sonnenlicht in Wohnräume und/oder den Garten dringt. In allen anderen sonstigen Grenzfällen bedürfe es einer Abwägung beweglicher Elemente wie etwa die Sonnenlichtabhängigkeit der Nutzung, Dauer und Ausmaß der Beschattung, Dauer der betroffenen Nutzung, Schwierigkeit der Abhilfemöglichkeiten.
Im vorliegenden Fall kann bereits auf Basis des klägerischen Vorbringens eindeutig festgehalten werden, dass (noch) keine zeitlich und örtlich überwiegende Beschattung des Grundstücks der Kläger gegeben ist. Bei der Interessenabwägung schlägt die objektiv doch relativ geringe Beeinträchtigung (erst am [zum Teil späteren] Nachmittag und "nur" im "Freizeitbereich") maßgeblich zu Gunsten der Beklagten aus. Die für die Kläger sprechenden Umstände (dass die Beklagten keine besondere Bedeutung der Pflanzen für das eigene Grundstück ins Treffen führen konnten, dass die Bäumen frühestens Mitte der 1980-er Jahre gepflanzt wurden und erst vor kurzem eine die Kläger störende Höhe erreichten) sind dem gegenüber nicht gravierend genug, um zu einer Gesamtbeurteilung iSe Unzumutbarkeit der Beeinträchtigung der Benutzung des Grundstücks iSv § 364 Abs 3 ABGB zu gelangen.