14.06.2007 Zivilrecht

OGH: Ausführungen zum Mitverschulden eines Schifahrers hinsichtlich eines Sturzes ohne Fremdeinwirkung auf einer Schipiste


Schlagworte: Schadenersatzrecht, Mitverschulden, Schifahrer, Pistenbetreiber
Gesetze:

§§ 1295 ff ABGB

In seinem Beschluss vom 29.03.2007 zur GZ 3 Ob 6/07i hat sich der OGH mit dem Sturz eines Schifahrers und dem Mitverschulden befasst:

Der Kläger kam im bereits ebenen Bereich des Schigebietes bei der Zufahrt zur Talstation im Zuge einer Linkskurve ohne Fremdeinwirkung durch Verkanten oder Verschneiden zu Sturz und prallte gegen einen Metallsteher eines Fangzauns. Dieser war weder durch Aufpolsterungen gesichert noch das vorgespannte Netz im vorgesehenen Abstand angebracht. In dritter Instanz ist nur mehr die Frage eines allfälligen Mitverschuldens des Klägers strittig.

Dazu der OGH: Nach stRsp sind selbst auf fahrtechnische Fehler zurückzuführende Stürze von Schifahrern diesen zwar an sich noch nicht in jedem Fall als Verschulden vorwerfbar, dem Schifahrer kann jedoch ein dem Sturz vorausgegangenes vermeidbares Fehlverhalten zur Last fallen, das den Sturz herbeigeführt hat und deshalb als einleitende Fahrlässigkeit zu beurteilen ist. Als solch vermeidbares Fehlverhalten kommt vor allem überhöhte Geschwindigkeit sowie unkontrolliertes Fahren in Betracht. Das Verkanten ist ebenfalls ein fahrtechnischer Fehler (Kanten- und Belastungsfehler), der bei fortgeschrittenen Schiläufern, wie dies auch der Kläger war, zumeist auf ein vorangehendes vermeidbares Fehlverhalten (etwa relativ überhöhte Geschwindigkeit oder unkontrolliertes Fahren) zurückzuführen ist. Beweist der Schädiger einen Verstoß des Geschädigten aufgrund eines fahrtechnischen Fehlers - also einen typischen, Sorglosigkeit gegenüber eigenen Rechtsgütern indizierenden Geschehnisablauf -, ist damit prima facie auch der für die Annahme eines Mitverschuldens erforderliche Sorgfaltsverstoß bewiesen.

Jeder Schifahrer muss kontrolliert fahren, das vor ihm liegende Gelände genau beobachten und seine Geschwindigkeit auf die Geländeverhältnisse einrichten. Weder der Umstand, dass auch hoch konzentriert fahrenden professionellen Schifahrern Kanten- und Belastungsfehler unterlaufen, noch die Tatsache, dass bestimmte - schließlich vom Schifahrer frei wählbare - Schiformen bestimmte Fehler begünstigen oder weniger wahrscheinlich machen, geben Anlass, Kanten- und Belastungsfehler nicht mehr als typische Folgen relativ überhöhter Geschwindigkeit oder von Aufmerksamkeitsfehlern anzusehen. Begünstigt eine bestimmte Schiform das Auftreten bestimmter Fahrfehler oder erschwert deren Korrektur, muss der Schifahrer dies bei der Wahl der Fahrgeschwindigkeit und der Aufmerksamkeit gegenüber den Gelände- und Schneeverhältnissen berücksichtigen.