03.05.2007 Zivilrecht

OGH: Die theoretische Aufheb- oder Abänderbarkeit eines Bescheids iSd § 68 Abs 3 AVG - die überdies nur ex nunc wirkt - stellt keinen Rechtsmangel dar


Schlagworte: Gewährleistung, Rechtsmangel, theoretische Aufheb- oder Abänderbarkeit eines Bescheids
Gesetze:

§§ 922 ff ABGB, § 68 AVG

In seinem Beschluss vom 22.02.2007 zur GZ 3 Ob 5/07t hat sich der OGH mit der Gewährleistung und dem Rechtsmangel befasst:

Der Beklagte war Eigentümer eines Pkw mit tiefer gestelltem Fahrwerk. Diese Veränderung wurde mit Einzelgenehmigungsbescheid rechtskräftig genehmigt. Nachdem der Käufer rund 30.000 Kilometer problemlos mit dem Fahrzeug zurückgelegt hatte, wurden ihm wegen zu geringer Bodenfreiheit des Fahrzeuges die Kennzeichentafeln abgenommen. Es gelang ihm jedoch, diese auf Grund des Einzelgenehmigungsbescheids wieder zu erlangen. Nach einer neuerlichen Kontrolle, bei der die Kennzeichen aber nicht entzogen wurden, meldete er das Fahrzeug ab und verkaufte es. Mit seiner Klage begehrte der Kläger, gestützt auf Gewährleistung (Wandlung) und Schadenersatz, zuletzt, den Beklagten zur Zahlung von 4.050 EUR sA (Differenz von gezahltem Kaufpreis und beim Weiterverkauf erzielten Erlös) zu verhalten. Das Fahrzeug sei nicht verkehrs- und betriebssicher. Es weise eine zu geringe Bodenfreiheit auf, weshalb auch die Gefahr bestehe, dass der Einzelgenehmigungsbescheid, welcher nicht rechtmäßig sei, von der Behörde gemäß § 68 AVG aufgehoben werde. Dies stelle einen Rechtsmangel dar.

Dazu der OGH: Rechtsmängel liegen vor, wenn dem Erwerber nicht die geschuldete rechtliche Position verschafft wird. Das bewirken nicht nur privatrechtliche, sondern auch öffentlich-rechtliche Fehler, wie etwa das Fehlen bau- und gewerbebehördlicher Bewilligungen. Voraussetzung für die Benützbarkeit eines Pkws im Straßenverkehr ist selbstverständlich auch das Vorliegen der entsprechenden behördlichen Genehmigungen, die folglich eine gewöhnlich vorausgesetzte Eigenschaft iSd § 922 Abs 1 ABGB darstellen. Wie der OGH bereits aussprach, bedeutet zwar eine gegen jederzeitigen Widerruf erteilte Baubewilligung bei einem Haus einen Rechtsmangel, weil nach der Verkehrsauffassung vom Vorhandensein einer unwiderruflichen Genehmigung ausgegangen werde. Die denkbare Aufhebbarkeit eines Bescheids nach § 68 Abs 3 AVG ist mit einer solchen nicht zureichenden Genehmigung aber nicht vergleichbar. Der in der theoretischen Aufheb- oder Abänderbarkeit eines Bescheids liegende Mangel könnte sonst bei jeder Genehmigung eingewendet werden, für die nicht das besondere Verwaltungsrecht eine Ausnahme von der allgemeinen Regel des § 68 Abs 3 und 4 AVG vorsieht.

Der Geltendmachung steht hier aber in jedem Fall § 924 erster Satz ABGB entgegen, wonach nur für bei der Übergabe vorhandene Mängel Gewähr zu leisten ist. Eine Abänderung (oder auch Aufhebung) des rechtskräftigen Genehmigungsbescheids nach § 68 Abs 3 AVG (wo von - anfänglicher - Nichtigkeit keine Rede ist) wirkt wie jene nach dessen Abs 2 - ebenso wie nach der Rsp der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts auch die Nichtigerklärung nach § 68 Abs 4 AVG - nur ex nunc, also für die Zukunft und nicht auf den Zeitpunkt der Übergabe zurück.