12.04.2007 Zivilrecht

OGH: Das Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit führt jedenfalls dann zur Verneinung der Rechtswidrigkeit, wenn der Namensträger sachlichen Anlass zur Nennung seines Namens gegeben hat


Schlagworte: Persönlichkeitsrecht, Namensanonymität, Interessenabwägung
Gesetze:

§ 16 ABGB, § 43 ABGB

In seinem Erkenntnis vom 15.02.2007 zur GZ 6 Ob 266/06w hat sich der OGH mit dem Recht auf Namensanonymität befasst:

OGH: Das Recht auf Namensanonymität leitet sich aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht ab. Allerdings ergibt sich beim allgemeinen Persönlichkeitsrecht - anders als bei den meisten anderen absoluten Rechten - dessen konkreter Gehalt stets erst aus einer umfassenden Interessensabwägung, bei der dem Interesse am gefährdeten Gut die Interessen des Handelnden und der Allgemeinheit gegenübergestellt werden müssen, würde doch eine Überspannung des Schutzes der Persönlichkeitsrechte zu einer unerträglichen Einschränkung der Interessen anderer und jener der Allgemeinheit führen. Die Namensnennung ist jedenfalls dann nicht rechtswidrig, wenn sie ausdrücklich gesetzlich geboten oder erlaubt ist. Hat der Betroffene nicht zugestimmt und besteht weder ein gesetzliches Verbot noch eine ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung, hängt die Frage der Rechtswidrigkeit der Namensnennung von einer vorzunehmenden Interessenabwägung ab.

Abzuwägen sind die jeweils berührten Persönlichkeitsinteressen und die Gegeninteressen, insbesondere die Informationsinteressen der Öffentlichkeit und die öffentliche Aufgabe der Medien. Die Rechtswidrigkeit einer Namensnennung kann sich vor allem aus dem Inhalt der mit der Namensnennung verbundenen Aussage ergeben. Dies ist insbesondere bei Mitteilungen über Tatsachen der Privatsphäre der Fall. Soweit sich die Rechtswidrigkeit der Namensnennung nicht aus der verwerflichen Typizität des Aussageinhalts ergibt, folgt sie aus dem Missverhältnis zum Informationszweck. Dies ist etwa bei der Namensnennung in reinen Sensationsberichten der Fall. Gleiches gilt, wenn willkürlich Unbeteiligte durch Namensnennung unverschuldet in den Blickpunkt der Öffentlichkeit geraten.

Nach stRsp führt das Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit jedenfalls dann zur Verneinung der Rechtswidrigkeit, wenn der Namensträger sachlichen Anlass zur Nennung seines Namens gegeben hat. Hat der Genannte selbst zur Namensnennung sachlichen Anlass gegeben, so kommt diesem Umstand im Rahmen der Interessenabwägung besondere Bedeutung zu. Umgekehrt kann jedoch aus dem Umstand, dass der Genannte selbst keinen sachlichen Anlass für die Nennung seines Namens gesetzt hat, noch nicht zwingend auf die Unzulässigkeit der Namensnennung geschlossen werden.