01.03.2007 Zivilrecht

OGH: An die vom Versicherungsnehmer bei Erfüllung seiner vorvertraglichen Anzeigepflicht anzuwendende Sorgfalt sind insbesondere dann, wenn die gestellten Fragen Individualtatsachen betreffen, ganz erhebliche Anforderungen zu stellen


Schlagworte: Versicherungsrecht, Anzeigepflicht, Rücktrittsrecht des Versicherers
Gesetze:

§ 16 VersVG, § 20 VersVG

In seinem Beschluss vom 20.12.2006 zur GZ 7 Ob 289/06k hat sich der OGH mit der Anzeigepflicht gemäß § 16 VersVG befasst:

OGH: Nach Lehre und Rechtsprechung sind an die vom Versicherungsnehmer bei Erfüllung seiner vorvertraglichen Anzeigepflicht anzuwendende Sorgfalt insbesondere dann, wenn die gestellten Fragen Individualtatsachen betreffen, ganz erhebliche Anforderungen zu stellen. Für eine schuldhafte Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht genügt bereits leichte Fahrlässigkeit. Ist der Vorschrift des § 16 Abs 1 VersVG zuwider die Anzeige eines erheblichen Umstandes unterblieben, so kann der Versicherer nach § 16 Abs 2 VersVG vom Vertrag zurücktreten. Das Rücktrittsrecht des Versicherers ist nach dem Abs 3 leg cit dann ausgeschlossen, wenn der Versicherer den nicht angezeigten Umstand kannte (bloßes Kennenmüssen genügt - mangels Erkundigungspflicht des Versicherers - nicht), oder wenn die Anzeige ohne Verschulden des Versicherungsnehmers unterblieben ist, wobei die Beweislast für mangelndes Verschulden dem Versicherungsnehmer obliegt.

Wenn der Versicherer erst nach einem Versicherungsfall von einer Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht erfährt, hätte im Übrigen selbst die Unterlassung eines Rücktrittes innerhalb der (Monats-)Frist des § 20 VersVG nicht zur Folge, dass die durch die Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht eingetretene Leistungsfreiheit nachträglich behoben wäre, sondern nur, dass der Versicherer für weitere Versicherungsfälle, die erst nach Ablauf eines Monats ab seiner Kenntnis von der Verletzung eintreten, leistungspflichtig bleibt. Wenn aber der Versicherer die Rücktrittsfrist ohnedies gewahrt hat, kann auch ein zeitlich davorliegender Versicherungsfall nicht zur Leistungspflicht führen.