OGH: Verbandsklage gemäß § 28 KSchG betreffend der Zulässigkeit bestimmter AGB-Klauseln eines Elektrounternehmens
KSchG, § 879 ABGB, § 915 ABGB, § 864a ABGB
In seinem Erkenntnis vom 11.12.2006 zur GZ 7 Ob 201/05t hat sich der OGH mit AGB-Klauseln befasst:
OGH: Maßgeblich für die Qualifikation einer Klausel als eigenständig im Sinne des § 6 KSchG ist nicht die Gliederung des Klauselwerks; können doch auch zwei unabhängige Regelungen in einem Punkt oder sogar in einem Satz der Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthalten sein. Es kommt vielmehr darauf an, ob ein materiell eigenständiger Regelungsbereich vorliegt. Dies ist dann der Fall, wenn die Bestimmungen isoliert voneinander wahrgenommen werden können.
Klausel: C***** behält sich die jederzeitige Änderung der in ihren Katalogen und sonstigen Werbeunterlagen enthaltenen Angaben ausdrücklich vor.
OGH: Die Auslegung im kundenfeindlichsten Sinn führt dazu, dass diese Bestimmung auch auf solche Angaben in Katalogen und Werbeunterlagen bezogen werden kann, welche bereits Gegenstand eines verbindlichen Anbotes oder einer vertraglichen Verpflichtung geworden sind. Ein derart weitgehendes Preis- und Leistungsänderungsrecht widerspricht den Anforderungen des § 6 Abs 1 Z 5 und Abs 2 Z 3 KSchG.
Klausel: Im Fall eines Vertragsrücktritts findet eine gänzliche oder teilweise Rückerstattung des Kaufpreises nur Zug um Zug gegen Zurückstellung der vom Kunden erhaltenen Ware/n sowie unter Anrechnung eines angemessenen Entgeltes für die Benützung, einschließlich einer Entschädigung für eine damit verbundene Minderung des Warenwertes, statt.
OGH: Für die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung des Kaufvertrages gilt nach herrschender Auffassung die "Zweikondiktonentheorie", wonach die beiden Kondiktionen auch bei angestrebtem Synallagma voneinander unabhängig sind. Der zufällige Untergang des Kaufgegenstandes trifft also den Verkäufer; der Käufer braucht auch nicht dessen Wert zu vergüten, wenn er den Kaufpreis zurückfordert. Die Klausel ist gröblich benachteiligend im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB.
Klausel: C***** ist zu Teillieferungen berechtigt.
OGH: Die Klausel weicht zum Nachteil des Konsumenten von der dispositiven Rechtslage (§ 1415 ABGB) ab und ist eine gröbliche Benachteiligung gemäß § 879 Abs 3 ABGB.
Klausel: Bestellungen, die C***** durch unmittelbare Lieferung ohne vorangehende Auftragsbestätigung annimmt, führt C***** zu ihren am Bestelltag geltenden Listenpreisen aus.
OGH: Die Klausel ist - in ihrer kundenfeindlichsten Auslegung - als zu weit gehendes einseitiges, willkürliches, nachträgliches (nämlich nach Vertragsabschluss) Preisänderungsrecht nach § 879 Abs 1 ABGB sittenwidrig.
Klausel: In den Preisen nicht eingeschlossen sind Kosten für Warenzustellung und/oder Serviceleistungen (zB Montage) sowie damit verbundene Versandspesen, Export- und Importabgaben und sonstige Nebenkosten; alle diese Kosten werden dem Kunden gesondert in Rechnung gestellt, soweit nicht anders vereinbart.
OGH: Die Klausel versetzt die Beklagte in die Lage, "Export- und Importabgaben und Nebenkosten" ohne ausdrückliche Vereinbarung undifferenziert (auch ohne Bezug auf Zustellung und Service) und ohne betragliche Begrenzung zusätzlich zum Kaufpreis auf den Kunden zu überwälzen. Was unter "Nebenkosten" zu verstehen sein soll, bleibt völlig unklar. Die Klausel verstößt daher jedenfalls gegen § 879 Abs 3 ABGB und § 6 Abs 3 KSchG.
Klausel: Eine Abtretung von Ansprüchen gegen C***** an Dritte ist für den Kunden ausgeschlossen.
OGH: Mit dieser Klausel würde auch eine Abtretung von Ansprüchen zur Geltendmachung an einen in § 29 KSchG genannten Verband verhindert. Ein Zessionsverbot erscheint schon unter diesem Aspekt (auch im Sinne des allgemeinen Schutzes von Verbraucherinteressen) sachlich nicht gerechtfertigt.
Klausel: Der Kunde ist damit einverstanden, dass C***** ein zur Reparatur übernommenes Gerät auf Kosten des Kunden verwerten oder vernichten lassen kann, wenn der Kunde nicht längstens binnen 6 Monaten - bei geringwertigen Geräten (ca. bis EUR 80) binnen 3 Monaten - nach Erhalt des Kostenvoranschlages über die Reparaturkosten entweder einen Reparaturauftrag erteilt oder das Gerät in unrepariertem Zustand wieder abholt. Wird ein repariertes Gerät nicht abgeholt, ist C***** nach Ablauf von 6 Monaten - bei geringwertigen Geräten (ca. bis EUR 80) von 3 Monaten - ab vereinbartem Abholtermin berechtigt, dieses auf Kosten des Kunden zu verwerten oder zu vernichten. C***** trifft keine Haftung für die Erzielbarkeit eines Verwertungserlöses.
OGH: Diese Klausel ist schon durch den undifferenzierten Haftungsausschluss hinsichtlich des Verwertungserlöses gröblich benachteiligend im Sinne des § 879 Abs 3 ABGB. Weiters sieht die Klausel eine dem Verfall vorangehende vergebliche Aufforderung des Kunden zur Abholung des Gerätes unter Hinweis auf die sonst eintretenden Folgen nicht vor. Dem Unternehmer steht es damit völlig frei, ob er vernichtet oder verwertet und wie er verwertet; dies alles noch dazu ohne vorherige Verständigung des Kunden.
Klausel: C***** ist außerhalb der Gewährleistung berechtigt, dem Kunden die angefallenen Inspektionskosten für ein schadhaftes Gerät im Fall eines nicht erfolgenden Reparaturauftrages zu verrechnen. Gleiches gilt, wenn der Reparaturauftrag, aus welchen Gründen auch immer, nicht ausgeführt wird, zB ...
OGH: Es lässt sich keine klare Trennlinie zwischen den Vorarbeiten zur Erstellung eines Kostenvoranschlages und der (nach Ansicht der Beklagten darüber hinausgehenden) Inspektion des schadhaften Gerätes ziehen. Im Übrigen führt die Vertragsklausel zu einer für den Kunden der Höhe nach nicht abschätzbaren Kostenbelastung. Es liegt einVerstoß gegen § 5 Abs 1 KSchG vor. Zudem würde nach dem letzten Satz der Klausel die Kostenersatzpflicht des Kunden auch gelten, wenn die Reparatur aus Gründen unterbleibt, die der Unternehmer zu vertreten hat.