08.04.2025 Zivilrecht

OGH: § 231 ABGB iZm unentgeltlichem Wohnrecht der Frau (Mutter)

Soweit der Vater argumentiert, aus dem Scheidungsfolgenvergleich, in dem die Parteien für die Betreuung das Doppelresidenzmodell vereinbart hatten, ergebe sich, dass die Wohnung auch dem Wohnbedarf des Minderjährigen dienen sollte, zeigt er weder eine Fehlbeurteilung noch eine erhebliche Rechtsfrage in diesem Zusammenhang auf: Der Minderjährige leitet sein Benützungsrecht von seiner Mutter ab und während der Dauer des im Scheidungsfolgenvergleich geregelten Wohnrechts, durch das die Mutter ihren Anspruch auf eine Ausgleichszahlung aus der ehelichen Aufteilung „abwohnt“, ist die Nutzung dieser Wohnung wirtschaftlich zur Gänze ihr als betreuendem Elternteil zuzuordnen


Schlagworte: Familienrecht, Kindesunterhalt, unentgeltliches Wohnrecht der Frau, Benützungsrecht
Gesetze:

 

§ 231 ABGB

 

 

GZ 3 Ob 238/24g, 26.02.2025

 

OGH: Nach gefestigter jüngerer Rsp des OGH ist auch im Kindesunterhaltsrecht der fiktive Mietwert einer dem Unterhaltsberechtigten vom Unterhaltspflichtigen überlassenen Wohnung wegen der damit verbundenen Verminderung des Unterhaltsbedarfs ganz oder teilweise als Naturalunterhalt anzurechnen, sofern diese Leistungen regelmäßig erfolgen. Voraussetzung für die Anrechnung von Wohnungskosten auf den Kindesunterhalt ist aber, dass die Wohnversorgung des Unterhaltsberechtigten dem Unterhaltspflichtigen zuzurechnen ist. Ist die Bedarfsdeckung ausnahmsweise wirtschaftlich zur Gänze dem betreuenden Elternteil zuzurechnen – etwa weil dieser bei der nachehelichen Vermögensaufteilung eine Gegenleistung für die Überlassung der Wohnungsnutzung erbracht hat – so hat keine Anrechnung auf die Leistung des Unterhaltspflichtigen zu erfolgen.

 

Die Eltern des Minderjährigen haben in ihrem Scheidungsfolgenvergleich vom 12. November 2019 zur früheren Ehewohnung vereinbart, dass die Wohnung im Alleineigentum des Mannes (Vaters) verbleiben sollte und er der Frau (Mutter) dafür bis zum 31. Jänner 2030 ein „unentgeltliches Wohnrecht“ einräumt. Für den Fall, dass die Frau dieses Wohnrecht nach dem 31. Jänner 2025 aufgeben würde, verpflichtete sich der Mann, beginnend mit der geräumten Übergabe eine Ausgleichszahlung von 1.000 EUR monatlich (daher maximal 60.000 EUR) zu zahlen.

 

Die Vorinstanzen kamen zu dem Ergebnis, dass diese Vereinbarung eines befristeten unentgeltlichen Wohnrechts eine Gegenleistung des Vaters an die Mutter im Rahmen der nachehelichen Vermögensaufteilung (zur Abgeltung der Ausgleichszahlung für die Wohnung) sei und daher eine Anrechnung der Wohnversorgung (des Kindes) auf den Kindesunterhalt hier nicht in Betracht komme.

 

Soweit der Vater dagegen argumentiert, aus dem Scheidungsfolgenvergleich, in dem die Parteien für die Betreuung das Doppelresidenzmodell vereinbart hatten, ergebe sich, dass die Wohnung auch dem Wohnbedarf des Minderjährigen dienen sollte, zeigt er weder eine Fehlbeurteilung noch eine erhebliche Rechtsfrage in diesem Zusammenhang auf: Der Minderjährige leitet sein Benützungsrecht von seiner Mutter ab und während der Dauer des im Scheidungsfolgenvergleich geregelten Wohnrechts, durch das die Mutter ihren Anspruch auf eine Ausgleichszahlung aus der ehelichen Aufteilung „abwohnt“, ist die Nutzung dieser Wohnung wirtschaftlich zur Gänze ihr als betreuendem Elternteil zuzuordnen. Auf die Frage, ob (wie im außerordentlichen Revisionsrekurs behauptet) das Wohnrecht an der konkreten Wohnung einen höheren Wert haben sollte als im Scheidungsfolgenvergleich zugrunde gelegt, kommt es – wie schon das Erstgericht zutreffend erkannt hat – für die Beurteilung des Unterhaltsanspruchs des Minderjährigen nicht an.