24.03.2025 Sonstiges

VwGH: Auflösung einer Versammlung – Bestrafung nach § 14 Abs 2 VersG

Die Rechtmäßigkeit der Auflösung der Versammlung wird nicht verlangt und ist daher entgegen der Auffassung des VwG auch nicht als Vorfrage zu prüfen; die Rechtmäßigkeit der Auflösung einer Versammlung kann vom Betroffenen vielmehr mit dem Rechtschutzinstrument der Maßnahmenbeschwerde gesondert bekämpft werden


Schlagworte: Versammlungsrecht, Auflösung einer Versammlung, Bestrafung, keine Prüfung der Rechtmäßigkeit der Auflösung
Gesetze:

 

§ 14 VersG

 

 

GZ Ra 2024/01/0057, 25.11.2024

 

VwGH: Die Rechtsfrage, ob eine Bestrafung nach § 14 Abs 1 VersG die Rechtmäßigkeit der Auflösung der Versammlung voraussetzt, hat der VwGH in seinem Beschluss vom 18. Oktober 2022, Ra 2022/01/0276, verneint und dies wie folgt begründet:

 

„Nach dem Wortlaut des § 14 Abs 1 VersG ist für das tatbildmäßige Verhalten dreierlei vorausgesetzt:

1. Die Versammlung wurde für aufgelöst erklärt.

2. Der Täter ist in diesem Zeitpunkt ein ‚Anwesender‘.

3. Er unterlässt es, den Versammlungsort sogleich zu verlassen und/oder ‚geht nicht auseinander‘.

 

In diesem Zusammenhang stellt der klare Wortlaut der ersten Voraussetzung des § 14 Abs 1 VersG tatbestandlich darauf ab, ob eine Versammlung aufgelöst wurde (arg: ‚Sobald eine Versammlung für aufgelöst erklärt ist‘. Dabei ist gleichgültig, ob die Auflösung der Versammlung durch die Versammlungsbehörde gem § 13 VersG oder vom Leiter der Versammlung nach § 11 VersG ausgesprochen wurde. Gleichermaßen wird die Rechtmäßigkeit der Auflösung der Versammlung vom Wortlaut des ersten Halbsatzes nicht verlangt und ist daher entgegen der Auffassung des VwG auch nicht als Vorfrage zu prüfen. Die Rechtmäßigkeit der Auflösung einer Versammlung kann vom Betroffenen vielmehr mit dem Rechtschutzinstrument der Maßnahmenbeschwerde gesondert bekämpft werden.

...

Dem VwGH ist es verwehrt, eine Prüfung einer Verletzung im Recht auf Versammlungsfreiheit vorzunehmen. Nach seiner stRsp sind Fragen des Eingriffs in den Kernbereich der Grundrechte auf Versammlungs- und Vereinsfreiheit gem Art 133 Abs 5 B-VG von der Zuständigkeit des VwGH ausgeschlossen, auch wenn diese Fragen im Wege einer Amtsrevision an den VwGH herangetragen wurden. Die Auflösung der Versammlung selbst zählt zum Kernbereich der Versammlungsfreiheit.

 

Wie angeführt ist eine solche Prüfung nach dem Wortlaut der ersten Voraussetzung des § 14 Abs 1 VersG nicht normiert und daher im Rahmen der einfachgesetzlichen Prüfung der Rechtmäßigkeit einer Bestrafung nach § 14 Abs 1 VersG nicht geboten.“

 

Unter Hinweis auf diesen Beschluss des VwGH hat der VfGH jüngst im Ablehnungsbeschluss vom 10. Juni 2024, E 3352/2023-11, ua, über eine Beschwerde gegen die verwaltungsgerichtliche Bestätigung einer Bestrafung nach § 14 Abs 1 VersG ausgeführt, dass nicht zu prüfen ist, ob die Auflösung der Versammlung in verfassungsrechtlich zulässiger Weise erfolgte.

 

Indem das VwG entgegen dieser Rsp die Rechtmäßigkeit der Auflösung der Versammlung als Vorfrage für die Bestrafung nach § 14 Abs 1 VersG geprüft und unter der Annahme der Unrechtmäßigkeit der Auflösung der Versammlung die Rechtmäßigkeit der Bestrafung verneint hat, hat es das bekämpfte Erkenntnis im angefochtenen Umfang mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet.