18.03.2025 Wirtschaftsrecht

OGH: Zu Zinsen aus Kartellschäden

Der OGH legt dem EuGH die Frage zur Vorabentscheidung vor, ob Art 3 Abs 2 Kartellschadenersatz-RL dahin auszulegen ist, dass der Zeitpunkt, zu dem der Kartellschaden entstanden ist und ab dem die Zinsen aus dem Kartellschaden zu zahlen sind, mit jenem Zeitpunkt anzusetzen ist, zu dem der aufgrund einer verbotenen Preisabsprache verlangte überhöhte Preis vom Geschädigten gezahlt wurde


Schlagworte: Kartellrecht, Kartellschaden, Schadenersatzanspruch, Zeitpunkt, Schadenseintritt, Fälligkeit, Verzinsung, Beginn des Zinsenlaufs, Zahlung des überhöhten Preises
Gesetze:

 

Art 101 AEUV, Art 3 Kartellschadenersatz-RL, § 37d KartG, § 1333 ABGB

 

 

GZ 3 Ob 215/24z, 27.02.2025

 

OGH: Der Anspruch des Geschädigten auf Kartellschadenersatz resultiert aus dem primären Unionsrecht, konkret aus Art 101 AEUV, sowie den allgemeinen Rechtsgrundsätzen. Der EuGH hat dazu bereits ausgesprochen, dass aus dem Effektivitätsgrundsatz und dem Recht einer jeden Person auf Ersatz des Schadens, der ihr durch einen Vertrag, der den Wettbewerb beschränken oder verfälschen kann, oder ein entsprechendes Verhalten entstanden ist, folgt, dass ein Geschädigter nicht nur Ersatz des Vermögensschadens (damnum emergens), sondern auch des entgangenen Gewinns (lucrum cessans) sowie die Zahlung von Zinsen verlangen können muss. Die Zuerkennung von Zinsen nach den anwendbaren nationalen Rechtsvorschriften ist unerlässlicher Bestandteil einer (unionsrechtlichen) Entschädigung.

 

Beim Kartellschadenersatz besteht die Besonderheit nun darin, dass der primärrechtliche Ersatzanspruch sowie das Verfahren zu dessen Geltendmachung durch die Kartellschadenersatz-RL konkretisiert wurde. In Österreich wurde Art 3 Abs 2 der RL durch § 37d KartG umgesetzt. Danach umfasst der Ersatz des Schadens auch den entgangenen Gewinn; der Ersatzpflichtige hat die Schadenersatzforderung ab Eintritt des Schadens in sinngemäßer Anwendung des § 1333 ABGB zu verzinsen. Nach der Übergangsregelung in § 86 Abs 9 KartG ist diese Bestimmung auf den Ersatz von Schäden anzuwenden, die nach dem 26.12.2016 entstanden sind. Im Anlassfall sind die Schäden im Zeitraum Jänner 1997 bis Jänner 2011 entstanden. Nach der nationalen Übergangsregelung ist § 37d KartG daher auf den Anlassfall nicht anzuwenden.

 

In der Lit wird dazu die Ansicht vertreten, dass die Zinsenforderung für jeden Schadensfall gesondert geltend gemacht werden muss, und zwar ab jeder erfolgten Zahlung einer Lieferung. Die Klägerin hat hier zunächst vorgebracht, dass die Zinsen ab Kaufpreiszahlung bzw Fälligkeit geltend gemacht werden könnten. In der Folge sowie im konkreten Zinsenbegehren hat sie sich allerdings auf den Zeitpunkt der einzelnen Erwerbsvorgänge, also auf den Abschluss des jeweiligen Kaufvertrags, bezogen. Der OGH legt dem EuGH daher die Frage zur Vorabentscheidung vor, ob Art 3 Abs 2 Kartellschadenersatz-RL dahin auszulegen ist, dass der Zeitpunkt, zu dem der Kartellschaden entstanden ist und ab dem die Zinsen aus dem Kartellschaden zu zahlen sind, mit jenem Zeitpunkt anzusetzen ist, zu dem der aufgrund einer verbotenen Preisabsprache verlangte überhöhte Preis vom Geschädigten gezahlt wurde.