11.03.2025 Zivilrecht

OGH: Zur Verletzung von Aufklärungspflichten durch Immobilienmakler

Ein Doppelmakler ist im Rahmen des zwischen beiden Auftraggebern zu erwirkenden Interessensausgleichs zur Aufklärung darüber verpflichtet, dass der begehrte Kaufpreis den Verkehrswert übersteigt


Schlagworte: Maklerrecht, Schadenersatzrecht, Immobilienmakler, Doppelmakler, Interessenwahrungspflicht, Aufklärungspflicht, Kaufpreis, Abweichung vom Verkehrswert der Liegenschaft
Gesetze:

 

§ 3 MaklerG, § 5 MaklerG, § 30b KSchG, §§ 1295 ff ABGB

 

 

GZ 7 Ob 208/24z, 29.01.2025

 

OGH: Gem § 3 Abs 1 MaklerG hat der Makler die Interessen des Auftraggebers redlich und sorgfältig zu wahren. Nach dessen Abs 3 sind Makler und Auftraggeber verpflichtet, einander die erforderlichen Nachrichten zu geben. Gem § 30b Abs 2 KSchG zählen zu den erforderlichen Nachrichten, die der Immobilienmakler dem Auftraggeber nach § 3 Abs 3 MaklerG zu geben hat, jedenfalls auch sämtliche Umstände, die für die Beurteilung des zu vermittelnden Geschäfts wesentlich sind. Diese Bestimmung spricht die Fachkenntnisse des Immobilienmaklers an, der seine Marktkenntnisse und sein Hintergrundwissen beratend einzubringen hat. Aus § 3 Abs 1 iVm § 5 Abs 3 MaklerG lässt sich ableiten, dass im Fall der zulässigen Doppelbeauftragung anders als im Fall der Einzelbeauftragung die beiden Maklerverträge dahingehend zu interpretieren sind, dass der Makler zur Wahrung der Interessen der Auftraggeber lediglich im Rahmen des zu erwirkenden Interessenausgleichs verpflichtet ist. Es ist eine redliche und sorgfältige Interessenwahrung gegenüber beiden Auftraggebern gefordert. Die Verletzung von Aufklärungspflichten macht den Immobilienmakler gegenüber seinem Auftraggeber nach den allgemeinen Grundsätzen des ABGB ex contractu schadenersatzpflichtig, gewährt allerdings nicht den Ersatz des Nichterfüllungsschadens, sondern nur jenes Schadens, den der Geschädigte im Vertrauen auf die korrekte Erfüllung des Maklervertrags erlitten hat; zu ersetzen ist daher der Vertrauensschaden. Das zu leistende Interesse liegt in der Differenz zwischen der Vermögenslage des Geschädigten, wie sie im Beurteilungszeitpunkt ohne schädigendes Ereignis wäre, und dem nach dem schädigenden Ereignis tatsächlich vorhandenen Vermögen.

 

Ein Doppelmakler ist - auch unabhängig von einem expliziten Auftrag zur Verkehrswertprüfung - im Rahmen des zwischen beiden Auftraggebern zu erwirkenden Interessensausgleichs zur Aufklärung darüber verpflichtet, dass der begehrte Kaufpreis den Verkehrswert übersteigt. Nach der jüngeren Rsp reicht der bloße Umstand, dass der Wert der Liegenschaft von der Einschätzung des Maklers abweicht, als solcher aber noch nicht aus, um daraus zwingend auf einen Sorgfaltsverstoß schließen zu können. Umgekehrt kann eine Wertermittlung innerhalb der abstrakt möglichen Schwankungsbreite nicht schlechthin als sorgfaltsgemäß eingestuft werden. Wenn daher der Wert der Liegenschaft von der Einschätzung des Maklers abweicht und diese Abweichung außerhalb einer gewissen Bewertungsspanne (15 bis 30 %) liegt, dann ist dies ein Indiz für ein sorgfaltswidriges Handeln des Maklers (zB methodischer Fehler, unvollständige Informationsbasis). Ermittelt der Immobilienmakler den Verkehrswert methodisch richtig und unter Berücksichtigung des Immobilienmarkts, haftet er aber nicht, selbst wenn seine Prognose nicht standhält.