04.03.2025 Zivilrecht

OGH: Zur Redlichkeit iZm Ersitzung eines Wege- und Fahrtrechts

Nach den Feststellungen erkundigte sich die Klägerin vor Ablauf der Ersitzungszeit bei Dritten mehrfach nach der Möglichkeit eines Zugangs zu ihrer Liegenschaft (als Alternative zum klagsgegenständlichen Weg), ersuchte die Beklagten bei jeweiligen Anlassfällen gesondert, deren Liegenschaft für ihre Fahrzeuge (als Abstellfläche) benützen zu dürfen und bot den Beklagten (ungeachtet § 483 ABGB) erfolglos an, dass sie den klagsgegenständlichen Weg saniert; darüber hinaus stellte das Erstgericht disloziert fest, dass die Klägerin der Ansicht war, dass das Wegerecht (nur) aufgrund jahrzehntelanger unwidersprochener Benutzung des Wegs besteht, sie aber nie vom Vorliegen einer die Nutzung des klagsgegenständlichen Wegs rechtfertigenden Vereinbarung ausgegangen ist; wenn die Vorinstanzen aus einer Gesamtschau aller dieser Umstände die Redlichkeit der Klägerin verneinten, liegt damit keine im Einzelfall aufzugreifende (grobe) Fehlbeurteilung vor


Schlagworte: Redlichkeit, Ersitzung
Gesetze:

 

§ 326 ABGB, § 1463 ABGB, § 1477 ABGB

 

 

GZ 4 Ob 211/24v, 21.01.2025

 

OGH: Voraussetzungen für die Ersitzung sind neben dem Zeitablauf der echte und redliche Besitz eines Rechts, das seinem Inhalt nach dem zu erwerbenden Recht entsprochen hat, sowie Besitzwille. Rechtmäßigkeit des Besitzes ist bei der uneigentlichen Ersitzung nicht Voraussetzung.

 

Ein Rechtsbesitzer ist redlich, wenn er glauben kann, dass ihm die Ausübung des Rechts zusteht. Redlichkeit erfordert bei Dienstbarkeiten den Glauben an ein bestimmtes Nutzungsrecht an einer fremden Sache. Der gute Glaube, dh die Redlichkeit des Besitzers, die während der gesamten Ersitzungszeit vorliegen muss, fehlt bereits dann, wenn dieser auch nur Zweifel an der Rechtmäßigkeit seines Besitzes hegen musste.

 

Da die Redlichkeit des Besitzers gem § 328 ABGB vermutet wird, trifft die Beweislast für die Unredlichkeit seinen Prozessgegner, hier also die beklagten Grundeigentümer. Ob in einem bestimmten Fall die konkret zu berücksichtigenden Umstände die Qualifikation des Verhaltens des Besitzers als redlich oder unredlich fordern, hängt von den besonderen Umständen des Einzelfalls ab.

 

Nach den Feststellungen erkundigte sich die Klägerin vor Ablauf der Ersitzungszeit bei Dritten mehrfach nach der Möglichkeit eines Zugangs zu ihrer Liegenschaft (als Alternative zum klagsgegenständlichen Weg), ersuchte die Beklagten bei jeweiligen Anlassfällen gesondert, deren Liegenschaft für ihre Fahrzeuge (als Abstellfläche) benützen zu dürfen und bot den Beklagten (ungeachtet § 483 ABGB) erfolglos an, dass sie den klagsgegenständlichen Weg saniert. Darüber hinaus stellte das Erstgericht disloziert fest, dass die Klägerin der Ansicht war, dass das Wegerecht (nur) aufgrund jahrzehntelanger unwidersprochener Benutzung des Wegs besteht, sie aber nie vom Vorliegen einer die Nutzung des klagsgegenständlichen Wegs rechtfertigenden Vereinbarung ausgegangen ist.

 

Wenn die Vorinstanzen aus einer Gesamtschau aller dieser Umstände die Redlichkeit der Klägerin verneinten, liegt damit keine im Einzelfall aufzugreifende (grobe) Fehlbeurteilung vor.

 

Das Rechtsmittel beschränkt sich bei der Zulässigkeitsfrage auf den Umstand, dass die Klägerin (erfolglos) wegen einer Sanierung angefragt hätte (was laut ihrer Meinung die Redlichkeit nicht ausschließe), ohne sich aber mit den anderen Umständen auseinanderzusetzen, die die Vorinstanzen herangezogen haben, um die Redlichkeit zu verneinen. Damit wird im konkreten Anlassfall keine Rechtsfrage erheblicher Bedeutung aufgezeigt.