VwGH: Zur Familienbeihilfe iZm einem Bachelorstudium
Wie der VwGH bereits mehrfach ausgesprochen hat, ist die Voraussetzung eines ernstlichen, zielstrebigen und nach außen erkennbaren Bemühens um einen Ausbildungserfolg seit dem Inkrafttreten der Änderung des § 2 Abs 1 lit b FLAG durch das Bundesgesetz BGBl Nr 311/1992 nur noch außerhalb des in § 2 Abs 1 lit b FLAG besonders geregelten Besuchs einer Einrichtung iSd § 3 StudFG relevant
§ 2 FLAG, § 3 StudFG, § 61 UG
GZ Ra 2024/16/0009, 30.10.2024
VwGH: Anspruch auf Familienbeihilfe haben gem § 2 Abs 1 lit b FLAG Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 StudFG genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. Wird ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit absolviert, kann einem weiteren Studienabschnitt ein Semester zugerechnet werden. Die Studienzeit wird durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (zB Krankheit) oder nachgewiesenes Auslandsstudium verlängert. Dabei bewirkt eine Studienbehinderung von jeweils drei Monaten eine Verlängerung der Studienzeit um ein Semester.
Gem § 2 Abs 1 lit b FLAG gilt die Aufnahme als ordentlicher Hörer als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird. Für eine Verlängerung des Nachweiszeitraumes gelten die für die Verlängerung der Studienzeit genannten Gründe sinngemäß.
Gem § 26 Abs 1 FLAG hat, wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen. Dies gilt nach § 33 Abs 3 EStG sinngemäß für zu Unrecht bezogene Kinderabsetzbeträge.
Dass T im revisionsgegenständlichen Zeitraum eine in § 3 StudFG genannte Einrichtung besuchte, wird in der Revision nicht bestritten.
Das Studienjahr beginnt gem § 52 UG am 1. Oktober und endet am 30. September des Folgejahres.
Im Erkenntnis vom 30. Mai 2017, Ra 2017/16/0036, hat der VwGH ausgesprochen, dass der Anspruch auf Weitergewährung der Familienbeihilfe ab jedem weiteren Studienjahr - nach dem ersten Studienjahr, für das anstatt eines Studiennachweises bereits die Aufnahme als ordentlicher Hörer als Anspruchsvoraussetzung gilt - zufolge § 2 Abs 1 lit b FLAG nur dann besteht, wenn für das vorhergehende Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird, womit für jedes Studienjahr -innerhalb der Fristen des § 61 UG - ein quantitativ genau definierter Studienerfolg zu erbringen ist.
Der VwGH hat zudem bereits mehrmals ausgeführt, der Gesetzgeber habe dem Grundsatz, wonach Anspruchsvoraussetzungen im Familienbeihilfenrecht grundsätzlich ex ante zu prüfen sind, bei der Beurteilung der Anspruchsvoraussetzung des Studienerfolgs gem § 2 Abs 1 lit b FLAG dadurch Rechnung getragen, dass für die ersten beiden Semester die Aufnahme als ordentlicher Hörer ausreicht, ab dem zweiten Studienjahr aber der Studienerfolg des vergangenen Jahres für das jeweils folgende Jahr ausschlaggebend ist.
Nach den Feststellungen des BFG habe T in ihrem ersten Studienjahr (Wintersemester 2015/2016 und Sommersemester 2016) einen Studienerfolg im Ausmaß von 17,5 ECTS-Punkten zu verzeichnen gehabt. Im darauffolgenden Studienjahr (Wintersemester 2016/2017 und Sommersemester 2017) habe sie einen Studienerfolg im Ausmaß von 3,5 ECTS-Punkten erzielt.
Ausgehend von den Feststellungen des BFG, bestand unter Beachtung der wiedergegebenen Rsp des VwGH der Anspruch des Mitbeteiligten auf Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge für seine Tochter zunächst bis zu Ende ihres zweiten Studienjahres, also bis Ende September 2017. Dabei ist anzumerken, dass entgegen der Rechtsansicht des BFG (und ebenso des FA) es für die Frage der Anspruchsberechtigung für das zweite Studienjahr nicht relevant ist, ob T in diesem Studienjahr ihr Studium ernsthaft und zielstrebig betrieben hat. Wie der VwGH bereits mehrfach ausgesprochen hat, ist die Voraussetzung eines ernstlichen, zielstrebigen und nach außen erkennbaren Bemühens um einen Ausbildungserfolg seit dem Inkrafttreten der Änderung des § 2 Abs 1 lit b FLAG durch das Bundesgesetz BGBl Nr 311/1992 nur noch außerhalb des in § 2 Abs 1 lit b FLAG besonders geregelten Besuchs einer Einrichtung iSd § 3 StudFG relevant.
Vor diesem Hintergrund wird mit der Zulässigkeitsbegründung des FA eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht dargetan. Zur Zulässigkeit einer Revision reicht es nicht aus, dass diese eine Rechtsfrage darlegt, sie muss von der Lösung dieser Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG auch „abhängen“, weil der VwGH auf Grund von Revisionen gem Art 133 Abs 4 B-VG zur Lösung abstrakter Rechtsfragen nicht berufen ist. Unter Berücksichtigung der Feststellungen des BFG ergibt sich aus dem Gesagten, dass der Beihilfenanspruch des Mitbeteiligten bis Ende September 2017 bestanden hat. Folglich sind die zur Zulässigkeit der Revision vorgebrachten Rechtsfragen iZm einem „Entstehen eines Beihilfenanspruchs aufgrund eines unvorhergesehenen oder unabwendbaren Ereignisses“ gegenständlich nicht entscheidungsrelevant. Bestand der Anspruch des Mitbeteiligten auf Familienbeihilfe jedenfalls bis September 2017, konnte die vom BFG als unvorhergesehenes bzw unabwendbares Ereignis eingestufte Erkrankung von T ab Mai 2017 - wogegen sich die Revision nicht wendet - lediglich dazu führen, dass der Zeitraum, für den ein Anspruch bestand, entsprechend verlängert wurde.