02.03.2025 Verfahrensrecht

VwGH: Zum Ersuchen nach § 1 Abs 1 Z 2 lit b VVG

Die Gemeinden sind zur Vollstreckung der von ihren Behörden im eigenen Wirkungsbereich erlassenen Bescheide zunächst selbst berufen; durch ein Ersuchen gem § 1 Abs 1 Z 2 lit b VVG wird die Zuständigkeit der BVB begründet; mit der Übertragung der Durchführung des Vollstreckungsverfahrens an die ersuchte Behörde endet die Zuständigkeit der übertragenden Behörde in diesem Verfahren


Schlagworte: Verwaltungsvollstreckung, Ersuchen der Behörde, Bezirksverwaltungsbehörde, Delegation, Parteistellung
Gesetze:

 

§ 1 VVG, § 1a VVG, § 18 VwGVG

 

 

GZ Fr 2024/06/0002, 29.10.2024

 

VwGH: Der VwGH hat bereits ausgesprochen, dass es sich bei einem Ersuchen nach § 1 Abs 1 Z 2 lit b VVG um eine Delegation der Zuständigkeit zur Vollstreckung handelt. Die Gemeinden sind zur Vollstreckung der von ihren Behörden im eigenen Wirkungsbereich erlassenen Bescheide zunächst selbst berufen. Durch ein Ersuchen gem § 1 Abs 1 Z 2 lit b VVG wird die Zuständigkeit der BVB begründet; mit der Übertragung der Durchführung des Vollstreckungsverfahrens an die ersuchte Behörde endet die Zuständigkeit der übertragenden Behörde in diesem Verfahren.

 

Mit dem im vorgelegten Verfahrensakt einliegenden Schreiben vom 20. April 2020 ersuchte der Bürgermeister der antragstellenden Gemeinde - zwar „seitens der Gemeinde“ aber erkennbar durch die Fertigung „der Bürgermeister“ als zunächst zuständige Vollstreckungsbehörde iSd § 1 Abs 1 Z 2 lit b VVG - die BH um Durchführung der Ersatzvornahme betreffend den baupolizeilichen Auftrag des Bürgermeisters vom 6. Dezember 2017. Mit Schreiben der BH vom 12. Mai 2020 wurde dem Verpflichteten diesbezüglich gem § 4 Abs 1 VVG die Ersatzvornahme angedroht; mit Bescheid der BH vom 18. Oktober 2023 wurde dem Verpflichteten gem § 4 Abs 2 VVG die Vorauszahlung der Kosten der Ersatzvornahme aufgetragen. Gegen diesen Bescheid erhob der Verpflichtete Beschwerde an das VwG; auf dieses verwaltungsgerichtliche Verfahren bezieht sich der vorliegende Fristsetzungsantrag.

 

Aufgrund der erfolgten Delegation der Zuständigkeit an die BH ist daher die zunächst zur Vollstreckung zuständig gewesene Gemeindebehörde nicht mehr zuständige Vollstreckungsbehörde (vgl § 1a Abs 1 Z 1 VVG) und somit auch nicht als belBeh Partei vor dem VwG (vgl § 18 VwGVG). Darüber hinaus kommt als Partei des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens neben dem Verpflichteten nur allenfalls der betreibende Gläubiger iSd § 1a Abs 2 VVG in Betracht.

 

Dies trifft auf die hier antragstellende Gemeinde G nicht zu: zunächst war der Bürgermeister als Gemeindebehörde zur Vollstreckung in der gegenständlichen Angelegenheit zuständig, begab sich aber, indem er betreffend seinen baupolizeilichen Auftrag vom 6. Dezember 2017 mit Schreiben vom 20. April 2020 ein Vollstreckungsersuchen an die BH richtete, seiner Stellung als Vollstreckungsbehörde gem § 1a Abs 1 Z 1 VVG. Dass die Gemeinde G als Rechtsträgerin in der gegenständlichen Angelegenheit einen Antrag als betreibende Gläubigerin iSd § 1a Abs 2 VVG gestellt hätte, ist weder dem vorgelegten Akt noch ihrem Vorbringen zu entnehmen.

 

Die Gemeinde G besitzt daher im gegenständlichen Verfahren vor dem VwG keine Parteistellung, weshalb der von ihr gestellte Fristsetzungsantrag gem § 38 Abs 4 VwGG iVm § 34 Abs 1 VwGG mangels Berechtigung zu seiner Erhebung ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen war.