18.02.2025 Zivilrecht

OGH: Zur Verwirkung des Unterhaltsanspruchs

Auch schwere Verfehlungen gegen die wirtschaftliche Sphäre des Ehepartners (hier: Verkauf eines wertvollen Bildes) können den Unterhaltsanspruch verwirken


Schlagworte: Eherecht, Untterhalt, einstweiliger Unterhalt, Verwirkung, schwere Verfehlungen gegen die wirtschaftliche Sphäre des Ehepartners, Verkauf eines Bildes, Veruntreuung
Gesetze:

 

§ 94 ABGB, § 133 StGB

 

 

GZ 1 Ob 160/24x, 21.01.2025

 

OGH: Gem § 94 Abs 2 S 2 ABGB bleibt der Unterhaltsanspruch des den Haushalt führenden Ehegatten nach Aufhebung der Haushaltsgemeinschaft bestehen, wenn nicht seine Geltendmachung - besonders wegen der Gründe, die zu deren Aufhebung geführt haben - ein Missbrauch wäre. Dieser Einwand steht auch im Provisorialverfahren zu.

 

Die Verwirkung des Unterhaltsanspruchs erfordert eine schwerwiegende Verletzung der ehelichen Verhaltenspflichten, die dessen Geltendmachung grob unbillig (rechtsmissbräuchlich) erscheinen ließe. Auch schwere Verfehlungen gegen die wirtschaftliche Sphäre des Ehepartners können den Unterhaltsanspruch verwirken.

 

Hier ist bescheinigt, dass die Frau ein Bild des Mannes während aufrechter Ehe in Kenntnis des Alleineigentums des Mannes und ihrer fehlenden Verfügungsbefugnis um „zwischen € 646.000 und 700.000“ verkaufte, ohne ihn davon zu informieren. Eine Aufforderung des Mannes zur Herausgabe des Bildes hat sie vor dessen Verkauf ignoriert. Einer weiteren Aufforderung nach dem Verkauf entgegnete die anwaltlich vertretene Frau nur allgemein, dass sie hinsichtlich des Hausrats von ehelicher Errungenschaft ausgehe. Dass sie das Bild bereits verkauft hatte, teilte sie ihm nicht mit. In ihrem Antrag auf Zuerkennung einstweiligen Unterhalts behauptete sie, dass es das vom Mann herausverlangte Bild „nicht gebe“. Als sie schließlich einräumte, das Bild „vor einer Weile“ verkauft zu haben, gab sie weder die Höhe des Kaufpreises noch die Identität des Käufers bekannt.

 

Dass das Rekursgericht auf Basis dieser Feststellungen eine Unterhaltsverwirkung annahm, begründet keine aus Gründen der Rechtssicherheit aufzugreifende Fehlbeurteilung: Für die Verwirkung des Unterhaltsanspruchs kommt es neben dem objektiven Gewicht des Fehlverhaltens auch auf die subjektive Verantwortlichkeit (also das Verschulden an der Eheverfehlung) an. Das objektiv schwere Gewicht des Fehlverhaltens der Frau ergibt sich hier schon daraus, dass der Verkauf des zuletzt ausschließlich in ihrer Gewahrsame befindlichen wertvollen Bildes den objektiven Tatbestand der Unterschlagung (mit der Wertqualifikation des § 133 Abs 2 2. F StGB) begründet. Es ist auch vertretbar, dass die Vorinstanzen der Frau den Verkauf des Bildes des Mannes subjektiv als schwere Eheverfehlung anlasteten, verkaufte sie dieses doch im Wissen, nicht dessen Eigentümer zu sein und daher nicht darüber verfügen zu dürfen. Für ein schweres Verschulden spricht auch, dass sie das Bild heimlich verkaufte, obwohl der Mann zuvor dessen Herausgabe gefordert hatte, und dass sie den Verkauf auch danach (und bis zuletzt auch den Verkaufserlös und die Identität des Käufers) verheimlichte.