18.02.2025 Zivilrecht

OGH: Zur Redlichkeit des Ersitzungsbesitzers

Maßgeblich für die Redlichkeit ist der gute Glaube an die Rechtmäßigkeit der Besitzausübung (hier der Nutzung eines Weges), also das Vertrauen auf einen gültigen Titel


Schlagworte: Dienstbarkeit, Servitut, Fahrtrecht, Ersitzung, guter Glaube, Redlichkeit, Gutgläubigkeit, Ersitzungsbesitzer, Glaube an ein Nutzungsrecht, Berechtigung, Besitzausübung
Gesetze:

 

§ 326 ABGB, § 328 ABGB, § 1463 ABGB, § 1477 ABGB

 

 

GZ 1 Ob 206/24m, 19.12.2024

 

OGH: Redlichkeit nach § 326 (iVm § 1463) ABGB verlangt nicht den Glauben, Eigentümer zu sein, sondern nur den Glauben an einen gültigen Titel, also an die rechtmäßige Zugehörigkeit einer Sache iwS bzw - bei Dienstbarkeiten - an ein bestimmtes Nutzungsrecht an einer fremden Sache. Maßgeblich für die Redlichkeit ist der gute Glaube an die Rechtmäßigkeit der Besitzausübung (hier der Nutzung eines Weges), also das Vertrauen auf einen gültigen Titel. Der gute Glaube, dh die Redlichkeit des Besitzers, die während der gesamten Ersitzungszeit vorliegen muss, fehlt bereits dann, wenn dieser auch nur Zweifel an der Rechtmäßigkeit seines Besitzes hegen musste. Da die Redlichkeit nach § 328 ABGB vermutet wird, obliegt dem Ersitzungsgegner der Beweis der Unredlichkeit. Die Beurteilung des Verhaltens des Besitzers als redlich oder unredlich hängt von den Umständen des konkreten Falls ab und bildet daher regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO.

 

Nach den Feststellungen ging hier der Kläger, der sich auf die Ersitzung der Dienstbarkeit des Fahrtrechts für die Zufahrt zu seiner land- und forstwirtschaftlich genutzten Liegenschaft an rund 20 Tagen im Jahr beruft, davon aus, dass der Nutzung des Weges keine Dienstbarkeitsvereinbarung zugrunde liegt. Vielmehr glaubt er nur deswegen zum Befahren des Weges berechtigt zu sein, weil er den Weg jedenfalls über 40 Jahre uneingeschränkt genutzt hat.

 

Die Beurteilung der Vorinstanzen, die die Redlichkeit des Klägers verneinten, weil dieser das Bestehen des Fahrtrechts allein aus der jahrzehntelangen Nutzung ableitet und gerade nicht aus einer die Nutzung rechtfertigenden (vermeintlichen) Vereinbarung, ist durch diese Rsp gedeckt.