17.02.2025 Fremdenrecht

VwGH: Nichterteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 – Interessenabwägung iZm mehr als zehnjährigen Inlandsaufenthalt und Aufenthaltsehe

Auch bei einem mehr als zehnjährigen Inlandsaufenthalt iVm dem Vorliegen gewisser integrationsbegründender Aspekte ist nicht zwingend von einem Überwiegen der persönlichen Interessen auszugehen, wenn dem Umstände entgegenstehen, die das gegen einen Verbleib im Inland sprechende öffentliche Interesse verstärken bzw die Länge der Aufenthaltsdauer im Inland relativieren; es ist daher auch in Fällen eines mehr als zehnjährigen Inlandsaufenthalts eine Gesamtabwägung unter Einbeziehung aller fallbezogen maßgeblichen Aspekte vorzunehmen, wenn auch unter besonderer Gewichtung der langen Aufenthaltsdauer


Schlagworte: Schutz des Privat- und Familienlebens, Interessenabwägung, mehr als zehnjähriger Inlandsaufenthalt, Aufenthaltsehe
Gesetze:

 

§ 9 BFA-VG, § 55 AsylG, Art 8 EMRK

 

 

GZ Ra 2024/17/0139, 12.11.2024

 

VwGH: Nach der Rsp des VwGH führt auch ein mehr als zehnjähriger Inlandsaufenthalt trotz Vorliegen gewisser integrationsbegründender Aspekte dann nicht zwingend zu einem Überwiegen des persönlichen Interesses, wenn dem Umstände entgegenstehen, die das gegen einen Verbleib im Inland sprechende öffentliche Interesse verstärken bzw die Länge der Aufenthaltsdauer im Inland relativieren. Dazu zählen aber etwa auch eine zweifache Asylantragstellung oder unrichtige Identitätsangaben, sofern diese für die lange Aufenthaltsdauer kausal waren.

 

Im Ergebnis bedeutet das, dass auch bei einem mehr als zehnjährigen Inlandsaufenthalt iVm dem Vorliegen gewisser integrationsbegründender Aspekte nicht zwingend von einem Überwiegen der persönlichen Interessen auszugehen ist, wenn dem Umstände entgegenstehen, die das gegen einen Verbleib im Inland sprechende öffentliche Interesse verstärken bzw die Länge der Aufenthaltsdauer im Inland relativieren. Es ist daher auch in Fällen eines mehr als zehnjährigen Inlandsaufenthalts eine Gesamtabwägung unter Einbeziehung aller fallbezogen maßgeblichen Aspekte vorzunehmen, wenn auch unter besonderer Gewichtung der langen Aufenthaltsdauer.

 

Der Revisionswerber begründet den Vorwurf der Rechtswidrigkeit der durch das VwG angestellten Interessenabwägung insbesondere mit der Dauer seines Aufenthalts von mehr als zehn Jahren. Vor dem Hintergrund, dass gemäß der Rsp eine Gesamtbetrachtung anzustellen ist, hatte das VwG fallbezogen eine Reihe weiterer Aspekte in seine Beurteilung einbezogen, wie va das fremdenrechtlich verpönte Eingehen einer Aufenthaltsehe zur missbräuchlichen Erlangung eines Aufenthaltsrechtes in Österreich sowie weiters den Umstand, dass der Revisionswerber in Österreich über kein Familienleben verfüge und er mit einer Staatsangehörigen Nordmazedoniens verheiratet sei, die auch dort lebe. Der Revisionswerber habe - auf das Wesentliche zusammengefasst - kein Privat- und Familienleben in Österreich, sondern er halte sich hier ausschließlich zu Erwerbszwecken auf. Mit Blick darauf legt der Revisionswerber fallbezogen nicht dar, dass diese Interessenabwägung mit einem im Revisionsverfahren aufzugreifenden Mangel belastet wäre.