11.02.2025 Zivilrecht

OGH: Zur Leistungsfreiheit des Versicherers bei Nichtzahlung der Erstprämie (iZm SEPA-Lastschriftverfahren)

Der Schuldner ist bei einer Lastschriftvereinbarung verpflichtet, seinen Kontostand jederzeit so hoch zu halten, dass eine Einlösung der jeweils gegen ihn bestehenden Forderungen, die vom Lastschriftverfahren erfasst werden, möglich ist


Schlagworte: Versicherungsvertragsrecht, Leistungsfreiheit des Versicherers, Nichtzahlung der Erstprämie, Verzug, Einziehungsermächtigung, SEPA-Lastschriftverfahren, Konto, Deckung
Gesetze:

 

§ 36 VersVG, § 38 VersVG

 

 

GZ 7 Ob 178/24p, 18.12.2024

 

OGH: Der Versicherer ist gem § 38 Abs 2 VersVG leistungsfrei, wenn 14 Tage nach der Aufforderung zur Prämienzahlung die erste Prämie zur Zeit des Eintritts des Versicherungsfalls noch nicht gezahlt ist, es sei denn, der VN kann beweisen, dass ihn an der nicht rechtzeitigen Zahlung kein Verschulden trifft. Als weitere Voraussetzung normiert Abs 3 leg cit, dass die Aufforderung zur Prämienzahlung einen entsprechenden Hinweis auf diese Rechtsfolgen enthalten muss.

 

Haben die Parteien - wie hier - bezüglich der Prämie ein Lastschriftverfahren vereinbart, so soll der Versicherer das Geld vom Bankkonto des VN abrufen, wodurch die Prämienschuld in einvernehmlicher Abänderung des § 36 VersVG zu einer Holschuld wird. In diesem Fall hat der VN das seinerseits erforderliche getan, wenn er den Geldbetrag zur Abholung bereit hält bzw zum Fälligkeitstermin der geschuldete Betrag vom Konto des VN abgebucht werden kann, sodass der VN für entsprechende Deckung durch ein Guthaben oder für eine Kreditzusage der Bank sorgen muss. Da der Gesetzeswortlaut des § 38 Abs 3 VersVG keine entsprechende Ausnahme vorsieht, gelangt § 38 VersVG auch dann zur Anwendung, wenn die Parteien eine Lastschriftvereinbarung getroffen haben. Die Warnfunktion, die der geforderte Rechtsfolgenhinweis für den VN erfüllt, greift schließlich auch im Fall einer Lastschriftvereinbarung.

 

Der Versicherer übermittelte hier dem VN gemeinsam mit der Polizze ein gesondertes Schreiben mit einer Prämienvorschreibung, aufgeschlüsselt in Erstprämie und Nachtragsprämie, das einen dem Gesetzeswortlaut des § 38 Abs 2 VersVG entsprechenden Hinweis enthielt. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, die Belehrung erfülle im vorliegenden Fall die Voraussetzungen des § 38 Abs 3 VersVG und die damit geforderte Warnfunktion, ist nicht zu beanstanden. Das Schreiben des Versicherers weist explizit darauf hin, dass der offene Betrag in den nächsten Tagen vom angeführten Konto abgebucht wird. Gleichzeitig wird ersucht, für eine ausreichende Dotierung zu sorgen und der Einzug der Forderung mit der SEPA-Lastschrift datumsmäßig angekündigt. Dass ein - mangels Deckung des Kontos - erfolgloser Abbuchungsversuch einer Nichtzahlung gleichkommt und damit dieselben Rechtsfolgen auszulösen vermag, bedarf keines gesonderten Hinweises. Entgegen der Ansicht des VN folgt bereits aus der dem Gesetz entsprechenden Belehrung, dass der Versicherer dann leistungsfrei wird, wenn die Erstprämie nach Fälligkeit zur Zeit des Eintritts des Versicherungsfalls verschuldet nicht bezahlt ist.