OGH: Zur Auslegung einer Verlängerung der Gewährleistungsfrist
Ein redlicher Verkehrsteilnehmer versteht die vertragliche Vereinbarung, dass die Gewährleistungsfrist auf 6 Jahre verlängert werde, dahin, dass die Frist zur Geltendmachung solcher Ansprüche abschließend geregelt werde, sodass die in Pkt 12.2.6 der Ö-NORM B 2110 vorgesehene Verlängerung der Frist abbedungen wurde
§ 933 ABGB, Pkt 12 Ö-NORM B 2110, § 914 ABGB
GZ 2 Ob 192/24k, 11.12.2024
OGH: Nach Pkt 12.2.3.2 der Ö-NORM B 2110 beträgt die Gewährleistungsfrist grundsätzlich 3 Jahre und für wasserberührte Flächen 5 Jahre, wobei nach Pkt 12.2.6 Gewährleistungsansprüche auch noch innerhalb eines Jahres nach Ablauf der Gewährleistungsfrist gerichtlich geltend gemacht werden können, wenn die Mängel vor Ablauf der Gewährleistungsfrist gerügt oder Ansprüche auf Gewährleistung erhoben wurden.
Die Klägerin wendet sich hier gegen die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, wonach die Frist zur gerichtlichen Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen bereits abgelaufen sei. Das Berufungsgericht hat dies damit begründet, dass ein redlicher Verkehrsteilnehmer die vertragliche Vereinbarung, dass die Gewährleistungsfrist auf 6 Jahre verlängert werde, dahin verstehe, dass die Frist zur Geltendmachung solcher Ansprüche abschließend geregelt werde, sodass die in Pkt 12.2.6 der Ö-NORM B 2110 vorgesehene Verlängerung der Frist zur Geltendmachung solcher Ansprüche abbedungen worden sei. Diese Auslegung entspricht den Vorgaben des § 914 ABGB, wonach zunächst vom Wortsinn in seiner gewöhnlichen Bedeutung auszugehen, dabei aber nicht stehen zu bleiben, sondern der Wille der Parteien, das ist die dem Erklärungsempfänger erkennbare Absicht des Erklärenden, zu erforschen ist. Steht die Vertragsauslegung durch die Vorinstanz mit den allgemein anerkannten Grundsätzen im Einklang, kommt der Frage, ob ein Vertrag richtig ausgelegt wurde, keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu.