04.02.2025 Zivilrecht

OGH: Zur Haftung des Prospektkontrollors

Es wäre auch denkbar, dass die auf die Anlageentscheidung positiv einwirkende Beratung von erteilten Vermerken beeinflusst war, jedoch nur, wenn statt des Anlegers der Berater diese gekannt oder sonst von deren Erteilung erfahren hat


Schlagworte: Schadenersatzrecht, Prospekthaftung, Prospektkontrollor, Prospektprüfer, Haftung, Unrichtigkeit, Kausalität, Anlageentscheidung, Beweislast, Kenntnis des Anlageberaters
Gesetze:

 

§§ 1295 ff ABGB, § 8 KMG, § 11 KMG

 

GZ 8 Ob 130/24m, 05.12.2024

 

OGH: Nach stRsp OGH bestehen Prospekthaftungsansprüche, wenn ein Anleger durch falsche, unvollständige oder irreführende Prospektangaben zur Zeichnung einer Kapitalanlage bewogen wird. Der Prospektkontrollor hat den Prospekt auf seine Richtigkeit und Vollständigkeit zu kontrollieren und bei deren Vorliegen mit der Beifügung „als Prospektkontrollor“ zu unterfertigen; er haftet gem § 11 KMG aber gerade nicht für die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit des Prospekts, sondern nur für dessen unrichtige oder unvollständige Kontrolle. Die für eine solche Haftung notwendige Kausalität wird bejaht, wenn sich der Anleger im Vertrauen auf den ihm bekannten Prospekt zum Kauf entschließt, wenn also unrichtige, unvollständige oder irreführende Angaben des Prospekts tatsächlich zur Grundlage seiner schadensauslösenden Disposition gemacht wurden.

 

Zur Prospekthaftung wurde bereits erwogen, eine durch den Berater vermittelte (mittelbare bzw indirekte) Kenntnis (wie sie zur Haftung des Abschlussprüfers anerkannt ist) als ausreichend anzusehen; auch bei Bestätigungsvermerken muss das Vertrauen zwar nicht durch die Kenntnis des konkreten Vermerks geschaffen werden, sondern es wäre auch denkbar, dass die auf die Anlageentscheidung positiv einwirkende Beratung von erteilten Vermerken beeinflusst war, jedoch nur wenn statt des Anlegers der Berater diese gekannt oder sonst von deren Erteilung erfahren hat. Ein Rückgriff auf Grundsätze des Anscheinsbeweises in der Frage des Kausalitätszusammenhangs zwischen mangelhaften Prospektangaben und dem Anlageentschluss des Anlegers wird dagegen abgelehnt.

 

Nach den Feststellungen las der Kläger hier weder den ihm übergebenen Kapitalmarktprospekt noch den Jahresabschluss. Im Gespräch zwischen dem Berater und dem Kläger war der Kapitalmarktprospekt aber „oberflächlich Gegenstand“, wobei sie dabei einerseits „die groben Eckpunkte“ wie Laufzeit und Verzinsung besprachen. Andererseits konnte aber nicht festgestellt werden, ob „darüber hinaus“ noch weitere und gegebenenfalls welche Stellen des Kapitalmarktprospekts besprochen wurden. Der Berater bezog die Informationen, die er dem Beratungsgesprächen zugrunde legte, zwar „primär“ von Vertriebsleuten der Emittentin, er las aber andererseits „auszugsweise“ den Kapitalmarktprospekt und sah den darin enthaltenen Jahresabschluss durch. Zur Frage, welchen Einfluss der Prospekt auf seine Beurteilung der Veranlagung sowie auf seine Beratung und deren Inhalte hatte, finden sich keine Konstatierungen. Auf dieser Tatsachengrundlage kann nicht abschließend beurteilt werden, ob sich der Kläger im Vertrauen auf den Prospekt zum Kauf entschloss.