OGH: Zur Gewährleistung für die erheblich abweichende Optik einer Küchen-Arbeitsplatte
Handelt es sich bei der Natursteinplatte um ein Unikat, so ist auch bei erheblich abweichender Optik dem Hersteller der Austausch unzumutbar und eine Preisminderung von 50 % vertretbar
§ 12 VGG, § 932 ABGB, § 273 ZPO
GZ 6 Ob 202/24k, 11.12.2024
OGH: Im Revisionsverfahren ist nicht strittig, dass die Leistung der Beklagten im Zeitpunkt der Übergabe mangelhaft war und der Mangel (erheblich abweichende Optik einer Küchen-Arbeitsplatte) innerhalb von 2 Jahren nach diesem Zeitpunkt hervorkam (vgl § 10 Abs 1 VGG). Strittig ist hingegen der dem Kläger zustehende Gewährleistungsbehelf:
Der Kläger macht den primären Gewährleistungsbehelf des Austauschs der Leistung iSd § 12 Abs 2 VGG geltend; eine Verbesserung ist unstrittig unmöglich.
Gem § 12 Abs 3 VGG kann allerdings der Unternehmer die Herstellung des mangelfreien Zustands verweigern, wenn ihm sowohl die Verbesserung als auch der Austausch unmöglich oder für ihn mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand verbunden wären. Die Rechtsansicht, dass die Beklagte die Herstellung des mangelfreien Zustands berechtigt verweigert habe, ist angesichts des Umstands, dass es sich bei der Natursteinplatte nach den Feststellungen um ein Unikat handelt, vertretbar.
Damit hat der Kläger Anspruch auf Preisminderung (vgl § 12 Abs 4 Z 2 VGG). Die Vorinstanzen haben diesen Anspruch gem § 273 Abs 1 ZPO mit 50 % des Kaufpreises bemessen. Gegen die Anwendung des § 273 ZPO wendet sich die Revision nicht, sondern nur gegen das Ausmaß der Minderung.
Dem Gericht kommt bei Anwendung des § 273 ZPO die Befugnis zu, die Höhe des Anspruchs nach freier Überzeugung festzusetzen. Für die Ausübung des richterlichen Ermessens sind die Umstände des Einzelfalls maßgeblich. Es können daher nur gravierende, an die Grenzen des Missbrauchs gehende Fehler der Ermessensentscheidung auch noch in dritter Instanz aufgegriffen und korrigiert werden.
Wenn die Vorinstanzen den Preisminderungsanspruch unter Berücksichtigung des Umstands, dass sich die Arbeitsplatte in einem technisch einwandfreien Zustand befindet, mängelfrei verlegt wurde und sich der Mangel nur im optischen Erscheinungsbild zeigt, mit 50 % bemessen haben, bedarf dies keiner Korrektur durch den OGH.