OGH: Abschluss eines (konkludenten) Mietvertrags
Wenngleich die Klägerin den Abschluss eines schriftlichen Vertrags wünschte (wozu es letztlich nicht kam), steht doch fest, dass sie gegenüber der Beklagten nicht erklärte, ohne schriftlichen Mietvertrag nicht gebunden sein zu wollen; die nachträgliche Übermittlung eines Vertragsentwurfs mit darin enthaltenem Formvorbehalt konnte den bereits konkludent (also nicht schriftlich) zustande gekommenen Mietvertrag nicht nachträglich unwirksam machen
§ 1090 ABGB, § 1092 ABGB, § 863 ABGB
GZ 3 Ob 204/24g, 27.11.2024
OGH: Ein Mietvertrag kommt als Konsensualvertrag durch die Willenseinigung über den Bestandgegenstand und den Bestandzins zustande. Alle übrigen Vertragsbestimmungen sind dann entweder aus dem Parteiwillen zu erschließen oder – falls sich auf diese Weise kein Ergebnis erzielen lässt – den dispositiven Normen des Gesetzes zu entnehmen. Anderes gilt nur, wenn ein, wenn auch unwesentlicher, Vertragspunkt ausdrücklich vorbehalten wurde oder darüber ein offener Dissens besteht.
Bei Dauerschuldverhältnissen kann ein Verhalten durch lange Zeit Schlüsse auf einen besonderen Willen erlauben. Die Beurteilung von konkludenten Willenserklärungen ist einzelfallbezogen.
Das Berufungsgericht hat mit seiner Auffassung, zwischen den Parteien sei (konkludent) ein Mietvertrag zustande gekommen, seinen Beurteilungsspielraum nicht überschritten:
Die Beklagte erwarb Maschinen aus der Konkursmasse der vormaligen Mieterin der Klägerin und trat – nach Aufkündigung des Bestandverhältnisses durch die Insolvenzverwalterin (am 31. Mai 2017 zum 31. August 2017) – im Juni 2017 mit dem Ansinnen an die Klägerin heran, dass sie „das Objekt weiterhin so nutzen“ wolle wie zuvor die Schuldnerin; die Klägerin „erklärte dazu ihre Zustimmung“ und schrieb der Beklagten beginnend mit September 2017 bis einschließlich Dezember 2021 monatlich Miete und Betriebskosten vor, die von der Beklagten auch bezahlt wurden.
Soweit die Klägerin meint, der Annahme eines konkludenten Vertragsabschlusses stehe bereits der Umstand entgegen, dass es schon im Juni 2017 eine (ausdrückliche) Vereinbarung der Parteien gegeben habe, ist ihr zu erwidern, dass damals nach den Feststellungen der Bestandgegenstand noch nicht (zur Gänze) feststand, weil bei einer Trockenhalle noch nicht sicher war, ob die Beklagte die gesamte Fläche benötigen werde.
Wenngleich die Klägerin den Abschluss eines schriftlichen Vertrags wünschte (wozu es letztlich nicht kam), steht doch fest, dass sie gegenüber der Beklagten nicht erklärte, ohne schriftlichen Mietvertrag nicht gebunden sein zu wollen. Die nachträgliche Übermittlung eines Vertragsentwurfs mit darin enthaltenem Formvorbehalt konnte den bereits konkludent (also nicht schriftlich) zustande gekommenen Mietvertrag nicht nachträglich unwirksam machen.
Dass die Klägerin, wie sie nun behauptet, nur einen befristeten Mietvertrag abzuschließen bereit gewesen wäre, ist den Feststellungen nicht zu entnehmen; im Gegenteil war der Geschäftsführer der Beklagten mit der im ersten Mietvertragsentwurf vorgesehenen Befristung nicht einverstanden und die Klägerin übermittelte daraufhin einen neuen Mietvertragsentwurf, in dem eine Bestanddauer auf unbestimmte Zeit vorgesehen war.
Entgegen der Ansicht der Klägerin war das Erstgericht auch nicht gehalten, in den Spruch seines Zwischenurteils, mit dem es die Mieterstellung der Beklagten feststellte, die Höhe des Mietzinses oder auch andere Vertragsbedingungen aufzunehmen.